Dienstag, 29. September 2009

"Gelenkte Demokratie" - die "Grünen" zeigen, wie's geht

Sie wollen wissen, wie "gelenkte Demokratie" in Deutschland funktioniert? Die Wahlwerbung der "Grünen" zeigt es Ihnen:



Die Grünen müssen durchaus sehr gut wissen, wie so etwas funktioniert. Die Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland in den letzten Jahrzehnten ist die Geschichte eines großen Scheiterns. Und diese Geschichte ist - zumal in den geheimdienstlich gesteuerten Hintergründen - noch so gut wie gar nicht aufgearbeitet. Versuche von seiten Bettina Röhls diesbezüglich wurden bislang nicht energisch weitergeführt. (Vielleicht wäre da eine Anna Politkowskaja hartnäckiger dran geblieben?)

Es ist - unter anderem - die Geschichte der Paralysierung einer mächtigen außerparlamentarischen Opposition durch eine parlamentarische Mitmach-Partei samt all der darin tätigen "Wendehälse" und der Verwirrungen, die diese stifteten. Es ist auch eine Geschichte großer Naivität gegenüber den Aktivitäten von Geheimdiensten. Als ein exemplarisches Beispiel dafür kann Till Bastian, der Sohn von Gert Bastian genannt werden, der nach dem gemeinsamen Tod seines Vaters und Petra Kelly's mit erstaunlich wenig konkreten Anhaltspunkten die "Finsternis" zuerst und allein im Herzen seines Vaters sucht. (Und zwar zu großen Teilen mit Hilfe von diversen Roman-Interpretationen.)

Statt sie - und das ziemlich simpel - zunächst einmal in den Herzen ganz, ganz anderer ... "Generäle" zu suchen. Von Generälen, von denen man niemals gehört hätte, daß sie irgend einer Militanz jemals abgeschworen hätten und sich in die Reihen einer Friedensbewegung begeben hätten. Von Generälen, die ohne "Strategien der Spannung" nicht glauben leben und arbeiten zu können. Und die dazu bereit sind, über viele, viele Leichen zu gehen. (Siehe etwa "Terrorjahre" von Regina Igel, "Im Auftrag des Staates" von von Bülow. Sowie zu den Grünen spezieller einige erste wichtige Bücher, zum Teil auch kommentiert --> hier.)

Samstag, 26. September 2009

Die streitbaren angelsächsischen Könige um 600 n. Ztr.

Ein Schwertknauf (England, frühes 7. Jhdt., neu entdeckt)

Der neu entdeckte Schatz von Staffordshire, Mittelengland

Im Jahr 597 n. Ztr. begann die Christianisierung Englands durch Missionare aus Frankreich, Irland und Italien. Noch um 900 n. Ztr. (siehe Stud. gen.) scheinen die Angelsachsen in Südengland auf Bergeshöhen die von ihnen getöteten Feinde "den Göttern" zum Opfer dargebracht zu haben. Da die Angelsachsen damals schon mehrere Jahrhunderte - ähnlich etwa wie die Alemannen in Süddeutschland - christlich waren, würde das einmal erneut darauf hinweisen, daß christliche und heidnische religiöse und Moralvorstellungen in England noch viele Jahrhunderte lang miteinander vermischt fortbestanden haben. Vielleicht sogar in England noch länger als in Deutschland. (- Zumindest was das damalige Deutschland westlich der Elbe betrifft. Die "Nieder-"Sachsen wurden um 800 n. Ztr. christianisiert.)


Nun geht durch die Presse ein neuer sensationeller, angelsächsischer Schatzfund, offenbar vom Anfang des 7. Jahrhunderts (Ausschnitt siehe Foto) mit insgesamt 5 Kilogramm Gold, 1,3 Kilogramm Silber, verteilt in mehr als 1.300 Einzelstücken. (Time, Yahoo, Oe24.at, Spiegel) Vor allem goldene Schwert- und Helmteile, Kreuze. In der nächstbedeutenden, berühmten angelsächsischen Ausgrabungsstätte, dem Schiffsgrab von Sutton Hoo (in Suffolk an der Südostküste Englands*)) etwa gleicher Zeitstellung (auch Anfang des 7. Jahrhunderts) sind 1939 "nur" 1,5 Kilogramm Gold gefunden worden. Das zeigt schon die Bedeutung dieses neuen Schatzfundes für unser Wissen um das englische und europäische Frühmittelalter auf.

So war die Fundsituation: "... unter den Graswurzeln"!

Experten vermuten, daß es sich um Kriegsbeute handelt, die hier im vormaligen "Königreich Mercia" niedergelegt worden ist:
Mercia war eines von sieben angelsächsischen Königreichen Englands. Deren Herrscher lieferten sich ständig Kämpfe um die Vorherrschaft, dem König von Mercia gelang es im 8. Jahrhundert London zu erobern und so für einige Jahrzehnte Macht über die anderen Reiche zu erlangen. (Epoc)
Auch diese Kriegsbeute scheint auf den ersten Blick wieder als Opfer "den Göttern" dargebracht worden zu sein. Man könnte sich wiederum vorstellen "Gott, Sohn Kriste und dem Heiligen Geist". Denn es scheint ja tatsächlich schon der neue christliche Gott zu sein. Zumindest die besiegten angelsächsischen Könige, denen man diesen Schatz abgenommen hat (nach Expertenmeinung kann er zuvor nur im Besitz von Königen gewesen sein), müssen schon mit dem Christentum in Berührung gekommen sein.

Darauf deutet einerseits das kleine, verbogene Kreuz (- siehe Foto: eine Rekonstruktion - rechts unten der originale, verbogene Zustand). Und darauf deutet auch ein kleiner, schmaler, verbogener Goldstreifen (Teil eines Gürtels?, Armreif?) (siehe nächstes Foto), auf dem sich eine Inschrift in Latein findet, und zwar ein Vers aus dem Alten Testament, 4. Buch Mose, Kapitel 10, Vers 35:
"Steh auf, mein Gott, mögen Deine Feinde verstreut werden und die, die Dich hassen, mögen hinweggejagt werden von Deinem Angesicht."
Solche martialischen Sprüche des Alten Testamentes wurden also offenbar sehr passend empfunden in der damaligen Zeit, die auch von Missionskriegen geprägt gewesen ist.

Überhaupt besteht der Schatz so weit übersehbar vor allem aus Kleinteilen. Und es drängt sich die Vermutung auf, daß diese zur Opferung absichtlich so zerstört (zerhackt?) und verbogen worden sind. Es findet sich darin keinerlei Frauenschmuck. Es handelt sich ausschließlich um Waffenteile und Ausrüstungsgegenstände männlicher Krieger.**) Natürlich erinnert der Schatzfund auch an das berühmte Grab des fränkischen Königs Childerich I. (gest. 482), das schon 1653 entdeckt worden ist.
Der Fundort des neuen Schatzes von Staffordshire, damaliges Königreich Mercia

Das 1939 entdeckte spektakuläre Schiffsgrab von Sutton Hoo, das offenbar mit Hilfe von Schriftquellen auf den Anfang des 7. Jahrhunderts datiert werden kann, zeigt "einheimische, irische, skandinavische, merowingische und ostmediterrane Einflüsse", wie man auf Wikipedia lesen kann (siehe auch Wikip. engl.). Und so verhält es sich dann sicherlich auch mit diesem neuen Schatz. Von dem ostenglischen Oberkönig Radewald, der höchstwahrscheinlich in Sutton Hoo begraben lag, wird ein Jahrhundert später berichtet, er habe sich zwar der Taufe unterzogen und die Gottesdienste besucht aber zugleich weiterhin seinen alten Göttern gedient. (Wikip.)

Es ist die Zeit, in der der fränkische Bischof Gregor von Tours (538 - 594) seine berühmten "Zehn Bücher fränkischer Geschichte" geschrieben hat, in der von fast nichts anderem die Rede ist als von Mord und Totschlag unter den Verwandten des fränkischen Königshauses. Dabei spielen viele fränkische Königinnen eine ähnlich militante, oft aus Eifersucht mordende Rolle wie ihre männlichen Standesgenossen.

Ein englischer Archäologe wird zu dem neuen Schatzfund mit den Worten zitiert: "Ich mußte weinen, als ich das erste mal den Schatz sah. Das Dunkle Zeitalter (/Mittelalter) hat in Staffordshire niemals zuvor so schön und glanzvoll ausgesehen." ***) Rechts im Bild der Entdecker Terry Herbert, ein Arbeitsloser, mit dem Teil eines Kriegerhelmes.

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*) Rechts eine Karte Englands mit der Örtlichkeit des Königsgrabes von Sutton Hoo, Suffolk, Ostengland (East Anglia).

**) There's a male dominance to the hoard as Kevin Leahy, an expert on Anglo-Saxon metal, explains. "There is absolutely nothing feminine. There are no dress fittings, brooches or pendants. The vast majority of items in the hoard are martial — war gear, especially sword fittings." (lt. "Time")
***) Deb Klemperer, an expert on Saxon Staffordshire pottery said, "My first view of the hoard brought tears to my eyes — the Dark Ages in Staffordshire have never looked so bright nor so beautiful." (lt. "Time")

Mittwoch, 23. September 2009

Thema "Verschwörung" und die Wissenschaftsblogs

Im Bereich der Wissenschaftsblogs ist bislang über die Themen "Geheimdienste" und "Geheimdienstkritik", "gelenkte" und "manipulierte Demokratie", "Verschwörung" und "Verschwörungstheorie", "Lobbyismus", "Korruption" und "Justizskandale" vergleichsweise wenig zu lesen gewesen. Auf drei Blogs entdeckte "Studium generale" (eher zaghafte) Einträge zu solchen Themen und versuchte dann dort auch einmal - zumeist eher erfolglos - eine Diskussion anzuleiern:
Bei Soziologie-Student René König auf Interactive Science (7.9.2009),
bei Religionswissenschaftler Michael Blume auf Natur des Glaubens (28.8.2009) und
bei Politikwissenschaftler Ali Arbia auf Zoon politikon (15.8.2009).
Vielleicht wird man auch einmal bei Edgar Dahl vom Libertarian irgendwann etwas zu solchen Themen lesen?

Wenn man jedenfalls sieht, wie präsent solche Themen immer wieder auch in den großen Tageszeitungen und Wochenmagazinen sind - bis hin zu TAZ und Jungle World -, dann verwundert es einen schon, daß die Wissenschaftsblog-Szene oder auch engagierte Sympathisanten der Giordano Bruno-Stiftung, von denen man doch noch am ehesten glauben sollte, daß sie sich für solche Themen interessieren könnten, stattdessen diesen Themen gegenüber so abstinent zu sein scheinen.

Im Gegensatz dazu ist dies der Göttinger Phyikochemiker Professor Michael Buback immer weniger. Was verständlicherweise aus seiner Biographie abzuleiten ist. Auch der Soziobiologe Robert Trivers und der Sprachforscher Noam Chomsky waren dies noch nie (siehe etwa St. gen.).

Und die Meinung von "Studium generale" ist: In einer gut funktionierenden Demokratie muß es fundierte und umfassende Geheimdienst- (und Lobbyismus-)Kritik geben - ständig und dauerhaft. Zumal in solchen Zeiten wie unseren, die - angeblich - (nach den Thesen des Politikwissenschaftlers Francis Fukuyama) an das glückliche "Ende der Geschichte" gelangt sein sollen. Fukuyama könnte Recht und Unrecht zugleich haben. Und möglicherweise hätte er noch ein wenig mehr recht, wenn er zuvor noch ein wenig mehr über die Dialektik von Schein und Sein nachgedacht hätte.

Wenn man das allerdings auf dem heutigen Kenntnisstand tut, der sich gegenüber dem vor zehn Jahren deutlich erweitert hat, könnte man zu dem Ergebnis gelangen, daß Geheimdienst-Kritik heute der demokratischste Ansatz ist, der überhaupt vorstellbar ist. Demokratischer in jedem Fall, als die bewußte Teil- oder Nichtteilnahme an einer Bundestagswahl mit all den plakativen Bildern, die sie uns vorgaukeln - seit Jahrzehnten, während im Hintergrund ganz andere die Weichen stellen.

Sonntag, 20. September 2009

Wurde Siegfried Buback so behandelt wie er andere behandelte?

In dem Buch von Professor Michael Buback über den Mord an seinem Vater, den Generalbundesanwalt Siegfried Buback (siehe Foto links), werden die Inhalte der beruflichen Tätigkeit seines Vaters im letzten Jahr vor seinem Tod kaum behandelt.

Auf die größeren Zusammenhänge, in denen sich dieser Mord abgespielt hat, ist Michael Buback, wie er in seinem Buch schreibt, auch von Autoren wie Gerhard Wisnewski oder Regina Igel hingewiesen worden. Ebenso inzwischen, wie man erfährt (St. gen.), von dem Journalisten Udo Schulze.

Und er bittet ja auch - in offener Gesprächshaltung - ganz richtig allseits um Mithilfe.

Aber warum hat ihn auch der frühere Chefredakteur des "Spiegel", Stefan Aust, mit dem Michael Buback selbst gesprochen hat, noch nie - offenbar - auf die Seiten 200f seines Buches "Baader-Meinhof-Komplex" (2005) hingewiesen? In ihnen ist dargestellt, wie der Generalbundesanwalt Siegfried Buback sich im Gerichtsprozeß in Stammheim in Auseinandersetzung mit dem Verteidiger Otto Schily darauf beruft, zu dem Thema des RAF-Mordes in Hamburg an dem Polizisten Norbert Schmid (Foto rechts) am 22. Oktober 1971 keine "Aussagegenehmigung" zu haben. Ob er selbst beim Bundesinnenminister beantragt hat, diese Aussagegenehmigung nicht zu erteilen, bleibt bei der Befragung durch Otto Schily offen. Ein Sperrvermerk auf den Akten zu diesem Thema aber stammt laut eigener Aussage von Buback.

Der erste Mord der RAF 1971 wurde nie bestraft
- und Siegfried Buback kannte die Gründe


Und Stefan Aust zitiert von Siegfried Buback zu dieser Akte die Äußerung:
"Wenn diese Akte bekannt wird, können wir alle unseren Hut nehmen."
Man wird sich das so ähnlich vorstellen können wie 1993 nach dem Skandal von Bad Kleinen, als den Hut nahmen: 1. der Bundesinnenminister, 2. der Generalbundesanwalt, 3. der Chef des Bundeskriminalamtes.

Von wem jedoch die obige Äußerung des Jahres 1976 überhaupt überliefert ist, wird von Stefan Aust nicht mitgeteilt. Dem wahrscheinlichen Polizistenmörder von der RAF Gerhard Müller war nämlich - offenbar - zum Teil Straffreiheit und Strafverkürzung zugesagt worden, wenn er in Stammheim als Belastungszeuge aussagen würde. Inwieweit für solche Vorgehensweisen Siegfried Buback selbst verantwortlich war oder inwieweit er sie - nach der überlieferten Äußerung - mitzuverantworten hatte, ist zunächst nicht ersichtlich. Auf jeden Fall "benutzte" Siegfried Buback den selbst stark belasteten "Hauptbelastungszeugen" Gerhard Müller - offenbar trotz der Kenntnis von seinen Verbrechen - eben als "Hauptbelastungszeugen". Man fragt sich unwillkürlich: War denn das notwendig? Konnte man denn anders die Stammheimer nicht verurteilen? Und wenn ja, wie ist dann der ganze Prozeß eigentlich zu beurteilen?

Wenn es sich also in der Tat so verhalten sollte, daß er diese Vorgehensweise mitzuverantworten hatte, dann bräuchte sich Siegfried Buback - und stellvertretend für ihn heute sein Sohn - eigentlich auf den ersten Blick wirklich nicht besonders zu beklagen, wenn man bei der Aufklärung des Mordes an Siegfried Buback selbst - bis heute - bezüglich der Täter ähnlich zu verfahren scheint wie Siegfried Buback selbst gegenüber dem Polizistenmord von 1971 in Hamburg. (Wie groß die Parallelität wäre und wie groß nicht, dazu wären noch die Einzelheiten zu klären.)

Die Opfer Siegfried Buback und Norbert Schmid - parallele Fälle?

Allerdings macht - auch - dieser Umstand einmal mehr auf all die "Schwierigkeiten" und Vielschichtigkeiten aufmerksam, in die man gerät, wenn man sich mit diesen Fragen, mit dieser Thematik beschäftigt. Merkwürdig ist insbesondere auch, daß von der heutigen Bundesanwaltschaft das in diesem Beitrag gebrachte Argument bislang niemals gegenüber Michael Buback scheint vorgebracht worden zu sein, noch nicht einmal angedeutet worden zu sein.

Offenbar will man eine ausufernde Erörterung über all diese Dinge immer noch vermeiden.

Die Aussage des Belastungszeugen Gerhard Müller war - laut Wikipedia - die "wichtigste Säule" in den Stammheimer Prozessen gegen die RAF der ersten Generation. Also die wichtigste Säule, auf die sich die Bundesanwaltschaft stützen konnte. Es ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich, warum das, was man dem 1971 in Hamburg ermordeten Polizisten Norbert Schmid und seinen Angehörigen zumutet - offenbar bis heute und offenbar unter Mitwirkung von Siegfried Buback - nicht auch dem Generalbundesanwalt Siegfried Buback selbst und seinen Angehörigen sollte zumuten können. Aber nur unter der Voraussetzung, daß man überhaupt die ganze "Rationalität" in der Bekämpfung der RAF, in deren Erarbeitung Siegfried Buback offenbar maßgeblich mit einbeschlossen war, anzuerkennen bereit ist.

Die Täter Verena Becker und Gerhard Müller - parallele Fälle?

Der Polizist Norbert Schmid war - laut Wikipedia - die erste Person, die durch die RAF ermordet worden war. Es gibt noch heute wieder erneuerte Vorwürfe gegen die Bundesanwaltschaft, daß sie die Täterschaft an dem Mord an Norbert Schmid verheimliche und Gerhard Müller decke (Süddt., 2008). In einem Bericht über die Witwe von Norbert Schmid heißt es (Süddt., 16.3.2007):
Gerhard Müller, damals der männliche Teil jenes Paares, das in Poppenbüttel ihren Mann ermordet hatte, kam nach drei Jahren frei, bekam eine neue Identität. Er hatte über andere RAFler ausgesagt, war Kronzeuge geworden, lange bevor es die Kronzeugenregelung gab. Es war ein undurchsichtiges Verfahren, an dessen Ende Sigrun Schmid das Gefühl hatte: "Der Staat, der von meinem Mann geschützt wurde, hat meinen Mann verraten."
Unter Mithilfe von Siegfried Buback! Der wahrscheinlich von Verena Becker (Foto links *)) ermordet worden ist. Von Heinrich Hannover ist auf der materialreichen Seite "Freilassung.de" nun noch mancherlei weiteres zu erfahren:
Im "Spiegel" vom 14. 5. 1979 war zu lesen: Daß er (Gerhard Müller) nun nicht mehr in seiner Zelle sitzt, ist das Resultat einer beispiellosen Manipulation des Rechts. Wohl vor jedem deutschen Schwurgericht wäre Gerhard Müller unter normalen Umständen die lebenslange Freiheitsstrafe wegen mehrfachen Mordes sicher gewesen - aufgrund seiner eigenen Aussagen. Doch es ging nicht mit rechten Dingen zu - Das Lebenslang wurde ihm geschenkt: Es war der Kaufpreis, um seine Zunge zu lösen ...

Das Geschäft mit Gerhard Müller war ein planmäßig vollzogener Rechtsbruch. In die Affäre verstrickt sind Justizangehörige und Politiker von hohem Rang. Gesetzliche Bestimmungen wurden verletzt, rechtsstaatliche Prinzipien unterlaufen, und der Verdacht auf Begünstigung im Amt reicht bis in Bonner und Karlsruher Chefetagen.
Diese Bewertung würde sich mit der oben angeführten (selbstkritischen) Aussage von Siegfried Buback decken. Hannover führt noch weitere Inhalte der Akte an, von der Buback meinte, bei ihrem Bekanntwerden müßten "alle ihren Hut nehmen". Um so tiefer man sich in die Materie hinein arbeitet, um so vielfältigere Aspekte werden sichtbar. **)

"Wissensgefälle"

Dies ist auch deshalb wichtig, weil man dadurch allmählich lernt, besser zu differenzieren, mehr von Pauschalverdächtigungen und -verurteilungen, ebenso wie von Pauschal-Unschuldsannahmen bezüglich aller beteiligten Personen wegkommt und ein besseres Gefühl dafür bekommt, mit welchen differenzierten Entscheidungssituationen die einzelnen Personen - im Zusammenhang mit einem offenbar hohen Wissensgefälle - jeweils konfrontiert waren. Die Mitverstrickung jedes einzelnen kann jeweils sehr "individuell" sein. Ein Umstand, mit dem dann Geheimdienste natürlich auch sehr gut arbeiten können, und den sie gut (taktisch) ausnutzen können, um Menschen und Gruppen gegeneinander auszuspielen, bzw. ihre frivolen Spiele treiben zu können.

Und der einzelne selbst wird diesen Umstand jeweils gern auch zu nutzen versuchen, um im gegenenen Fall so weit wie möglich den damals "zu unkritischen", "zu naiven" "ahnungslos Mitmachenden" herauszukehren.

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*) Von Gerhard Müller scheint im Netz gegenwärtig noch nicht einmal ein Foto verfügbar zu sein. Weder aus früheren Zeiten, noch von heute.
**) Daß diese Umstände natürlich in keiner Weise einen Mord an Siegfried Buback entschuldigen oder rechtfertigen, dürfte auch klar sein. Das sei auch nur gesagt, um Mißverständnissen vorzubeugen.

(Beitrag leicht überarbeitet, 21. und 23.9.09)

Gegen Demokraten helfen nur ... - - - "Soldaten"?

Demokratien ohne Demokraten: Das Ziel der Geheimdienste?
- Einleitung: Geheimdienst-Tummelplatz Singen am Hohentwiel 1977


Wenn man vom Bahnhof Singen am Hohentwiel mit dem berühmten Maggi-Gebäude im Hintergrund durch die Fußgängerzone Richtung Innenstadt geht, muß man die große, vielbefahrene "Freiheitsstraße" überqueren, um - etwa - in der übernächsten Parallelstraße das Hegau-Gymnasium in der Alemannenstraße zu erreichen (siehe Google Maps).

Noch allerhand Parallelstraßen hinter dem Hegau-Gymnasium stadtauswärts erreicht man die Reichenaustraße, in der der Autor dieser Zeilen vor mehr als zehn Jahren für ein knappes Jahr gewohnt hat.

In der genannten Fußgängerzone, der August-Ruf-Straße, kurz hinter dem Bahnhof, liegt rechts, wenn man Richtung Innenstadt geht, die Konditorei Cafe Hanser (siehe Foto rechts, sowie Google Maps).

In diesem Cafe saßen am Morgen des 3. Mai 1977, knapp einen Monat nach dem Mord an Siegfried Buback die RAF-Terroristen Verena Becker und Günter Sonnenberg.

Sie wurden von einer Rentnerin - so lautete bislang die offizielle Version - erkannt, die die Polizei informierte. Die nun folgenden Ereignisse sind recht detailliert und anschaulich dargestellt in einer neuen Fernsehdokumentation, die am 2. September (bezeichnenderweise um 23.30 Uhr) im Ersten Deutschen Fernsehen ausgestrahlt worden ist (1, 2; siehe auch: SWR, Spiegel).

Zwei Polizisten fragten die beiden Terroristen nach ihren Ausweisen. Diese gaben vor, diese seien im Auto. Sie führten die beiden Polizisten die Fußgängerzone hinunter in die Freiheitsstraße, wo ihr Auto stand. Dort in der Freiheitsstraße kam es zur Schießerei zwischen den beiden Terroristen und den beiden Polizisten. Einer der beiden Polizisten wurde lebensgefährlich verletzt. (2) Verena Becker und Günter Sonnenberg hielten einen vorbeifahrenden Opel Ascona an, zwangen den Fahrer auszusteigen und flüchteten mit dem Auto.

Die Polizei verfolgte die Terroristen bis zum Ortsrand von Singen. In der Fernsehdokumentation ist im Hintergrund der Hohenkrähen zu sehen, ein spitzer Berg mit Burg. Es muß sich also um den nördlichen Stadtrand von Singen handeln, dort wo der Autor dieser Zeilen oft spazieren gegangen ist, sicherlich auch den in der Dokumentation gezeigten Feldweg entlang. In einem Feldweg fuhren sich die beiden Terroristen fest und flüchteten zu Fuß weiter. Sonnenberg wurde von den ihnen nachschießenden Polizisten hinter dem Ohr getroffen und lebensgefährlich verletzt, Becker bekam einen Oberschenkel-Schuß. Becker wehrte sich bis zuletzt, bis ihr Magazin leergeschossen war. So berichten die Polizisten noch heute. (1) Verena Becker war "wild" und "entschlossen", wie der Titel eines Artikels in der "Süddeutschen" über sie lautet.

Wegen dieser Schießerei wurden beide Terroristen noch im Jahr 1977 zu lebenslänglichen Freiheitsstrafen verurteilt. Sie wurden aber niemals wegen des Buback-Mordes angeklagt, noch nicht einmal wegen der Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung. Und das, obwohl sie sich mit der Tatwaffe des Buback-Mordes in Singen verteidigten und Verena Becker auch mit dieser liegengelassenen Waffe von der Polizei ihren Oberschenkel-Schuß erhielt. Solche Umstände machten vor zwei Jahren den Sohn von Siegfried Buback stutzig, der darüber ein Buch schrieb: "Der zweite Tod meines Vaters". (St. gen. berichtete: a, b)

Der Autor dieser Zeilen wundert sich zunächst einmal darüber, daß ihm bis heute nie bewußt gewesen ist, daß er sich sehr oft an drei Stätten eines entscheidenden politischen Ereignisses des Jahres 1977 aufgehalten hat. Er kommt zu der Vermutung, daß über die Ereignisse des Jahres 1977 in Singen viele Jahre lang nicht besonders viel geredet worden sein kann. Sonst wäre ihm das doch in Erinnerung geblieben. Auch im Internet findet man - außer den genannten Verweisen - schwer noch detailliertere Angaben über den Ablauf der genannten Vorfälle in Singen. Auch der interviewte, damals schwer verletzte Polizist sagt (2), daß er viele Jahre lang darüber gar nicht geredet hat, darüber nicht reden konnte.

Ein neuer "Versuchsballon" der "Dienste" in der regionalen Presse?

Bei der Recherche zu Singen stößt man nun aber auf eine neu angekündigte Buch-Dokumentation des Journalisten Udo Schulze (3). Von dessen Inhalten und Erkenntnissen findet sich noch nichts in der gerade erschienenen TB-Neuauflage des Buback-Buches, das eigentlich für sich schon brisant genug ist. Unter der Überschrift "Geheimdienst-Tummelplatz" heißt es (Singener Wochenblatt):
Einer, der heute noch hart recherchiert, ist Udo Schulze. Er hat sich speziell um die Person von Verena Becker gekümmert, die als Doppelagentin zwischen Ost und West eingestuft wird. Nach Informationen des 'Singener Wochenblatts' wich das tatsächliche Geschehen damals am 3. Mai 1977 von der offiziell verbreiteten Version erheblich ab. Demnach war der deutsche Auslandsgeheimdienst BND (Bundesnachrichtendienst) in den Ablauf verwickelt, hat Udo Schulze recherchiert, der bald zum Singener RAF-Komplex ein Buch veröffentlichen wird.

Aus hohen Sicherheitskreisen erfuhr Schulze jetzt, was wirklich geschehen sein soll. So soll nicht irgendeine Besucherin des Café 'Hanser' auf der August-Ruf-Straße die Terroristen dort entdeckt haben, sondern eine Angehörige eines Zielfahndungskommandos des BND.
Die auf Beobachtungen geschulte Frau und ein Kollege seien damals Becker und Sonnenberg seit geraumer Zeit (offenbar schon seit Januar 1977) auf den Fersen gewesen und sollen sich am Morgen des 3. Mai 1977 bei der Singener Polizei unter Vorlage ihrer Dienstausweise gemeldet haben. Nach Informationen von Schulze soll der Plan darin bestanden haben, Becker und Sonnenberg durch die Polizei aus dem Café "Hanser" holen zu lassen (Geheimdienste dürfen keine Festnahmen durchführen), um anschließend einen in seiner theoretischen Planung nicht mehr nachvollziehbaren Zugriff zu starten. "Doch die Singener Polizei", so ein Beamter, "hat die Sache vermasselt."
Zwischenbemerkung: Seit Januar 1977, also schon vor dem Mord an Buback. Haben die BND-Mitarbeiter da etwa fröhlich zugesehen in Karlsruhe? Man soll nichts mehr für unmöglich halten. Und weiter: BND und Bundeskriminalamt "vermasseln" auffällig häufig Dinge. Soll man annehmen, daß die wirklich so unprofessionell arbeiten? Oder gehört selbst "Vermasseln" zu bestimmten, sogenannten BND-"Anti"-Terrormaßnahmen dazu? Doch weiter im Text:
In der Folge kam es dann praktisch unter den Augen der Geheimdienstler zu dem bekannten tragischen Verlauf. Kurz zuvor hatte Verena Becker nach Aussagen der damaligen Bedienung des Café "Hanser" die Toilette betreten, die hinterher verstopft war. Möglich, dass Becker einen verdächtigen Gegenstand oder ein Schriftstück verschwinden lassen wollte.

Singen stand damals im Terroristen-Rausch. Acht Tage später erreichte das "Singener Wochenblatt" eine mysteriöse Karte, auf der eine Patronenhülse vom Kaliber 7,65 sowie ein Schließfachschlüssel geklebt waren. Dazu hatte der Absender einen aus Zeitungsbuchstaben zusammengesetzten Text formuliert. Der Inhalt: "Kampf um Deutschland, gnadenloser Kampf. Rache für Stockholm. Gefährlich: Bombe im Bahnhof, unheimlich: Bald ein Anschlag mit Atommüll, Atomasche, auf den Bodensee." Sofort holten Spezialisten der Polizei die ominöse Karte samt Zubehör ab und begaben sich zum Bahnhof von Singen. Und tatsächlich: Der Schlüssel passte auf das Schließfach mit der Nummer 287.

Darin stießen die Beamten auf einen ungewöhnlichen Sprengsatz, der mit einer bewegungsempfindlichen Zündvorrichtung versehen war. Experten entschärften die Bombe schließlich. Bei der Fahndung nach den bis heute unbekannten Tätern fanden Polizeieinheiten neun Tage danach am Rand der Straße von Radolfzell nach Singen 140 Stangen Sprengstoff Schweizer Herkunft, der der RAF zugeordnet wurde. Auch in diesem Fall sind die Urheber bis dato unbekannt. Mit den neuen DNA-Spuren wird das RAF-Kapitel wieder geöffnet. Die Singener Frage bleibt, was die Terroristen hier gemacht haben. Vielleicht darf man auch jetzt nach über 30 Jahren über Dinge reden, die damals verschwiegen werden sollten.
Auch der letzte Satz ist bezeichnend: Man "dürfe" jetzt über Dinge reden ... Auch bei den "gezielten" (?) Enthüllungen und ihrem "durchgetakteten" (?) Zeitablauf müssen ja Geheimdienste noch so ihre Strategien verfolgen, wenn sich diese Enthüllungen nicht schädlich für sie auswirken sollen ... Vielleicht hat man auch deshalb mit diesen brisanten Enthüllungen zunächst einmal nur einen Versuchsballon in der regionalen (!) Presse gestartet? Denn das ist doch eigentlich alles brisant genug, daß das auch die großen Zeitungen hätten aufgreifen können! - ?

Singen liegt in unmittelbarer Nähe der Schweizer Grenze. Hier kann man leicht über die "grüne Grenze" wechseln, was offenbar doch mehr genutzt wurde, als das dem Autor dieser Zeilen vor mehr als zehn Jahren auffiel, als er dort oft mutterseelenallein spazieren ging und einmal - weil er keinen Ausweis dabei hatte - sich von Grenzpolizisten eine Körpervisite gefallen lassen mußte.

Übrigens soll Verena Becker mehrere hundert Ostmark in ihren Taschen gehabt haben, was zu der Bezeichnung "Doppelagentin" durch Udo Schulze Anlaß gegeben hat.

Um eine Zehnerpotenz haarsträubender ...

Aber noch viel Haarsträubender wird es, wenn man bei der Recherche auf einen anderen Bericht als "Vorabveröffentlichung" des Buches von Udo Schulze stößt (Heise.de). Auf den ersten Blick mutet er so abstrus an, daß man das Buch von Udo Schulze gar nicht mehr in die Hand nehmen möchte. Das kann doch nur "Quatsch" sein. Es geht um die Tatwaffe des Buback-Mordes (siehe Foto links.) Aber man schlafe eine Nacht darüber ... Lese vielleicht zuvor noch einmal ein bißchen in "Das RAF-Phantom" von Gerhard Wisnewski ..., um das folgende dann vielleicht doch nicht gleich für den allergrößten Quatsch zu halten:
Am 5. September 1977 überfiel das RAF-Kommando "Siegfried Hausner" den Vorsitzenden des deutschen Arbeitgeberverbandes Dr. Hanns Martin Schleyer und dessen Begleiter in Köln-Braunsfeld. Während seine vier Sicherheitsleute im Kugelhagel der Terroristen starben, wurde Schleyer selbst entführt und erschossen. Am 17. Oktober entdeckten Polizisten im Elsass seine Leiche im Kofferraum eines Autos. Soweit die bis heute gültige Version der Ereignisse. Doch jetzt kam heraus: Am Tatort Vincenz-Statz-Straße wurde ein Gewehr jenes Kalibers eingesetzt, mit dem Buback und seine Begleiter im April 77 in Karlsruhe erschossen wurden. Und: Am Tatort in Köln soll es einen ominösen fünften Schützen gegeben haben.
Rückblende: Am 3. Mai 1977 kommt die RAF-Angehörige und spätere Verfassungsschutz-Mitarbeiterin Verena Becker zusammen mit ihrem Komplizen Günter Sonnenberg im baden-württembergischen Singen an. Aus einer Überprüfung durch die Polizei entwickelt sich in der Kleinstadt am Bodensee anschließend eine Schießerei zwischen den Terroristen und den Beamten, wobei Günter Sonnenberg und Becker verletzt werden. Nach offizieller Darstellung wird im Gepäck des Terror-Pärchens das Heckler & Koch-Gewehr vom Typ 43 gefunden, mit dem zuvor das Attentat auf Buback ausgeführt wurde. Die Bluttat von Karlsruhe scheint damit geklärt. Doch die Geschichte des ominöse Schnellfeuergewehrs geht weiter.
So sprach Generalbundesanwalt Kurt Rebmann auf einer Pressekonferenz zur Schleyer-Entführung am 6. September 1977, fünf Monate nach dem Attentat auf Buback, vor laufenden Kameras davon, dass am Tatort in Köln Hülsen mit dem Kaliber eben jener Waffe gefunden worden seien. Dem nicht genug, stießen Kriminaltechniker im Fußraum des bei der Schleyer-Entführung von den Terroristen verwendeten gelben Mercedes 300 D auf eine Patrone mit Ladespuren des HK 43 aus dem Mordkomplex Buback. Der Wagen wurde laut Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart gegen Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar (AZ: 5-1 StE 1/83) allerdings erst am 30. 7. 1977 in Porz gestohlen, konnte sich also zum Zeitpunkt des Karlsruher Attentats nicht in den Händen der Terroristen befunden haben.
Die Schlußfolgerung würde heißen: Die vom Bundeskriminalamt in Singen sichergestellte Tatwaffe von Karlsruhe (und Singen) kam bei der Schleyer-Entführung in Köln wieder zum Einsatz. Etwas Haarsträubenderes wird sich sicher niemand vorstellen können:
(...) Hinzu kommt das Gerücht, anhand der durch Schüsse hervorgerufenen Beschädigungen eines der Begleitfahrzeuge Schleyers und der Lage eines der toten Sicherheitsbeamten müsse ein bis heute unbekannter, fünfter Schütze am Tatort in Köln gewesen sein. Wahrscheinlich hatte er sich in der damaligen Baustelle auf der Vincenz-Statz-Straße verschanzt. Dazu soll das Bundeskriminalamt niemals Ermittlungen aufgenommen haben.
Die "Anti-Terrorabteilung" der Staatssicherheit in Ostberlin hat, wie man heute weiß, den RAF-Terrorismus gefördert. Gilt das gleiche für die Anti-Terrorabteilung des Bundeskriminalamtes? Und sind ihr bei ihren mannigfaltigen Aktionen ... die Waffen ausgegangen? Gegen Demokraten helfen nur noch RAF-Terroristen? Diese Abteilung wurde damals geleitet von Gerhard Goeden, dem man zwischenzeitlich Orden an die Brust geheftet hat, so den "Pour le Merite" (siehe Bild rechts). Und er soll ein sehr ein leutseliger Mensch sein! "Sepp-Herberger-Typ". Kumpanei, "Verschwörungen" (Originalton Stefan Aust) vergrößern das Einverständnis zwischen Vorgesetzten und Untergebenen ... All das scheint bestens geeignet gewesen zu sein, um zwischen 1987 und 1993 Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu werden. Die zahlreichen vormaligen, mit Untergebenen im gegenseitigen Einverständnis vertuschten "Pannen" im BKA haben seiner Karriere ganz deutlich nicht geschadet. Wohl eher im Gegenteil. - Noch einmal sich krachend auf die Schenkel gehaut ...
Er würde sich vielleicht mit einem Herrn Putin auch ganz gut verstehen. Oder tut er es möglicherweise schon? - Noch einmal krachend sich auf die Schenkel gehaut! (Nein, dieser polemsiche Ton trifft es vielleicht nicht.)
"Anti-"Terror- oder Terror-Abteilungen?
Jüngste Aussagen der Italien-Korrespondentin Regine Igel machen jedenfalls alle genannten Dinge immer plausibler. (Heise.de, Freitag.de) Und bestätigen die These von "Studium generale", daß es - seit Jahrzehnten - in der westlichen Welt um eine "Putinisierung" von Demokratien gehen könnte. Um eine "Putinisierung" offenbar, die mit geradezu unverhohlener Skurpellosigkeit und grenzenloser Frechheit vorangetrieben wird. Es scheint darum zu gehen: Demokratien ohne Demokraten hervorzubringen.
Zum Buback-Mord schreibt der Regional-Journalist Hans Paul Lichtwald noch an anderer Stelle im "Singener Wochenblatt":
Bisher passierte nichts trotz des massiven Medienauftritts des Sohnes des Ermordeten. Zu ihm Kontakt hatte auch Udo Schulze, der die RAF-Geschichte von 1977 aufarbeitet und ein Buch gerade auch über den Singener Komplex veröffentlichen wird. Mit ihm steht das "Wochenblatt" in ständigem Kontakt. Dass im Hintergrund die Geheimdienste im Jahr 1977 tätig waren, war vor Ort auch in Polizeikreisen bekannt. Unglaublich ist für Beamte aber, dass es Geheimdienstleute in Singen gegeben haben könnte, die ihren Kollegen bei dem Weggang aus dem Cafe Hanser keinen Schutz gegeben haben würden.
Na, setzt Euch doch mal zu einem Bier zusammen mit dem leutseligen Herrn Goeden! Andererseits: Nur gut, daß solche Informationen nur in der regionalen Presse zu lesen sind und in Sendezeiten nach 23.30 Uhr gebracht werden. Am Ende würde man sonst doch noch seinen "Pour le Merite" verlieren ...
Nachtrag, 10.9.2010: Anläßlich des derzeit laufenden Gerichtsverfahrens gegen Verena Becker berichtet der Journalist Udo Schulze regelmäßig in den Kopp-Nachrichten über seine bisherigen Recherche-Ergebnisse, aktuell insbesondere über die Steuerung der RAF-Aktivitäten in Deutschland von Zürich aus, der Grund, weshalb es überhaupt im deutsch-schweizer Grenzgebiet so viele RAF-Aktivitäten gegeben hat:
Dreh- und Angelpunkt der Liason zwischen der Schweiz und der Rote Armee Fraktion war eine in Zürich lebende Deutsche namens Petra Krause. (...) Zwei Jahre später wurden Krause und ihre Kumpanen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. »Annababi« jedoch konnte sich der Fürsorge einer weiblichen Parlamentarier-Gruppe aus Italien, dem Heimatland ihres Ehemannes, erfreuen und wurde dorthin abgeschoben – direkt in die Freiheit.
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Nachweise:
1. Egmont R. Koch: Bubacks Mörder - Auf der Spur eines ungeklärten Verbrechens. ARD-Fernseh-Dokumentation, ausgestrahlt am 2.9.2009, 23.30 Uhr (--> Youtube)
2. Polizist überlebte Mordanschlag auf RAF-Terroristin. In: Südkurier (Konstanz) 1
, 2, 2.9.2009
3. Schulze, Udo: Verschlusssache Becker, wie Geheimdienste aus Ost und West sich der Terroristen bedienten. Noch nicht erschienen (Zum Inhalt siehe --> Heise.de 1, 2, 3, Südkurier (Konstanz) und Singener Wochenblatt 1, 2, Kölner Stadtanzeiger)
4. o. N.: Geheimdienst-Tummelplatz. Seit der Verhaftung gibt Verena Becker Rätsel auf. In: Singener Wochenblatt 26. 8. 2009

Samstag, 19. September 2009

"Putinisierung" Deutschlands durch die RAF?

Die "gelenkte" russische Demokratie, so gewinnt man den Eindruck, ist heute ganz in der Macht der Geheimdienste. (s. Bücher) 2003 sagte Putin:
"Es hat sich eine Situation herausgebildet, in der wir ein einzigartiges Mehrparteiensystem aufbauen können. Mit einem starken rechten Flügel. Mit der Sozialdemokratie auf der linken Seite. Und Bündnispartnern an beiden Flanken. Marginalen Gruppierungen und Parteien. Das ist eine erfüllbare Aufgabe geworden." (zit. n. Anna Politkowskaja/Russisches Tagebuch, S. 53)
So denken Geheimdienste, die Demokratien lenken. Unheimlich. Aber wenn Geheimdienste, Bundes- und Landesämter für Verfassungsschutz und ihre "wissenschaftlichen" Berater so auch in anderen Staaten denken würden? Wenn ihnen der beim Menschen immer vorhandene Machtrausch zu Kopfe steigen sollte? Da man sieht, daß er so leicht erfüllbar wird? - War nicht der deutsche BND in Tschetschenien und hat sich dort von den Russen über "Antiterror-Maßnahmen" belehren lassen? Hat er denn nicht den Beobachter gespielt bei einem klaren Akt von Völkermord?

Das russische Volk scheint - außer den Tschetschenen, außer den Ukrainern und außer den baltischen Völkern - nach 80 Jahren kommunistischer Herrschaft keine Kraft mehr zu haben, sich gegen ganz unverhüllt auftretende Geheimdienstherrschaft aufzulehnen. Haben damit "die Dienste" in ihrer Unkontrolliertheit und Eigengesetzlichkeit endlich ihr - etwaiges - hundertjähriges Bestreben erreicht? Waren "Glasnost" und "Perestroika" gar nicht das, was wir bislang immer von ihnen dachten? Wurde die östliche Diktatur von Geheimdiensten in ihrem Wesen gar nicht verändert, sondern nur äußerlich an diejenige im Westen angepaßt? Nach außen hin "Demokratie", "Mehrparteiensystem" - und dennoch herrschen sie - unumschränkt?

Victor Ostrovsky berichtet übrigens in "Geheimakte Mossad" davon wie der Mossad "zur Beendigung des Demokratisierungsprozesses in der Sowjetunion" am Sturz von Gorbatschow mitarbeitete. In Zusammenarbeit mit dem früheren KGB-Chef. Und niemand scheint das zum Nachdenken zu bringe. Niemand scheint den Dingen weiter nachzugehen.

Und ergibt sich von solchem Wissen aus nicht noch ein ganz anderer Blick auf die Jahrzehnte lange Unterwanderung der westdeutschen Eliten durch die ostdeutsche "Staatssicherheit"? Ein anderer Blick auf die vielfältigen Vermutungen der Weiterexistenz der Stasi nach 1989? Gelten alle Aktivitäten der Geheimdienste - auch in der westlichen Welt seit vielen Jahrzehnten -, die sehr gut mit der Stasi zusammenarbeiten konnten, offensichtlich (siehe etwa Alexander von Bülow), letztlich - diesem Ziel? Quasi einer "Putinisierung" der westlichen Demokratien? Unter "Mithilfe" des Mossad?

Ein Video gibt sehr gut wieder den derzeitigen Stand der Forschungen von Michael Buback zu dem Mord an seinem Vater, dem Generalbundesanwalt Siegfried Buback am 7. April 1977. Er wurde höchstwahrscheinlich durch Verena Becker ermordet.

Es gibt im Netz auch eine fünfteilige Langfassung dieser Dokumentation, auf der man neben den Eiertänzen von Bundesanwälten und Bundeskriminalamts-Mitarbeitern unter anderem sehen kann wie der damalige Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz Winfried Ridder - - - nunja, seine "sehr spezielle" Version zu diesen Dingen vorträgt: "Wenn im Jahr 1977", sagt er, "Verena Becker tatsächlich eine Informantin des Verfassungsschutzes gewesen wäre, wäre unserem Land viel erspart geblieben." - - - Ja, Herr Winfried Ridder. Deshalb sind wir ja alle so schockiert, nicht wahr? ...

Aber von Verena Becker mußte man ja mehr wissen, als nach außen hin bekannt gemacht worden ist - bis heute wird -, sonst hätte man sie nicht schon einen Tag nach dem Attentat so auffällig und gezielt aus dem Kreis der Verdächtigen wieder herausgenommen gegenüber der Öffentlichkeit. Und was sollen wir nun von Herrn Ridder denken? Bestimmt nichts Böses. Er sagt - in die Kamera hinein - die Wahrheit. Und nichts als die Wahrheit. Denn die Wahrheit zu sagen, steht ja auf dem höchsten ethischen Index eines Bundesamtes für Verfassungsschutz.

- Soeben ist zu diesem Thema insgesamt die aktualisierte Taschenbuchausgabe von "Der zweite Tod meines Vaters" von Michael Buback erschienen. (s. Bücher) Das Buch enthält - wie die genannte Dokumentation, die von diesem Buch ihren Ausgangspunkt nimmt - erschreckende Inhalte.

Es stellt sich also die Frage: Gab und gibt es "RAF-Sympathisanten" auf höchsten Ebenen des Staates und der Geheimdienste? Hießen und heißen sie - etwa - Winfried Ridder? Oder Gerhard Goedern (siehe nächster Beitrag)? Und wie dachten diese staatlich angestellten RAF-Sympathisanten dann über einen Mann wie dem als unbestechlich und als energisch nachfragend geltenden Generalbundesanwalt Siegfried Buback (siehe rechts)?

Der damalige Justizminister Hans-Jochen Vogel erzählt Michael Buback, daß er nach der Ermordung von Siegfried Buback große Probleme hatte, einen Nachfolger für Siegfried Buback zu finden, da ihm zu viele eine Absage dafür erteilten. Und daß er deshalb Kurt Rebmann dankbar dafür war, daß er dieses Amt übernommen hat. "Er lasse deshalb nicht zu, daß dem toten Rebmann Vorwürfe gemacht würden." (S. 137)

Dagegen: Wie stolz war Siegfried Buback selbst, als er für diesen Posten ernannt wurde. Offenbar ist das Ansehen seines Amtes deutlich gesunken seit seinem Mord und der offenbaren Vertuschung der Hintergründe desselben. Auch die Affären um Alexander von Stahl im Zusammenhang mit den Todesfällen von Bad Kleinen haben nicht zu einer erneuten Stärkung des Ansehens dieses Amtes beigetragen ...

Aber ging es 1977 nur darum, einen unbequemen Mann auszuschalten? Warum gleich eine ganze Welle von kaum gestopptem Terror? Wie sollte dieser "Schutz der Verfassung" durch Terroristen aussehen? War man etwa von Nachrichtendienst-Seite aus der Meinung - ganz wie die RAF selbst:
"Ein 'bißchen' Terror tut diesem Staat ganz gut." - ?
Dann werden wir nicht arbeitslos? Sondern können unsere Dienste noch weiter ausbauen? Kooperationen mit anderen Diensten ausbauen? "Löst ein bißchen Terror vielleicht da und dort noch vorhandene verkrampfte, verkrustete Haltungen." - ? "Etwa dummes, traditionelles Gerede von Anständigkeit und Unbestechlichkeit." - ? Wollen - "wir" - nicht einen ganz anderen Staat, eine ganz andere Gesellschaft? (Aber wer wäre dann: "wir"?)

Siegfried Buback wollte unseren Staat vor Ost-Unterwanderung schützen

Und wenn es so wäre: Hätte man dann Menschen gegeneinander in Stellung gebracht - Bundesanwälte auf der einen Seite, RAF-Terroristen auf der anderen Seite - die von sich aus - ohne verdeckte Einflußnahmen gar nicht so aufeinander losgegangen wären? Und zwar beiderseits mit Methoden, die bislang im Rechtsstaat nicht üblich waren. - ?

Wenn wir auf die Sympathien schauen, mit der die bundesdeutschen Eliten heute hinüber zu dem quasi-totalitären Staat Rußland schauen, glaubt man manches von dem Kampf eines Siegfried Buback gegen "Ost-Unterwanderung" (Guilleaume-Affäre, Spiegel-Affäre ...) - - - besser zu verstehen. Andererseits geriet Siegfried Buback selbst im Verlauf der Strafverfolgung gegen die RAF in - vorsichtig ausgedrückt - juristisch "unbegangenes", "vermintes" Gelände. Daß er den offenbar ersten Mörder der RAF als Hauptbelastungszeugen gegen diese RAF im Prozeß gegen die Stammheier benutzte (s. St. gen.), ohne daß dieser Mörder selbst für seine Taten verurteilt wurde, war natürlich dazu angetan, großen - und fast möchte man sagen: auch zum Teil berechtigten - Zorn von der anderen Seite gegen ihn aufzubringen.

Verena Becker die Erbarmungsloseste

Doch wie ist es bei Verena Becker? (Neben Siegfried Haag.) Warum wird gerade sie - ähnlich wie seit 1976 Hauptbelastungszeuge Gerhard Müller von Siegfried Buback selbst - von allen Staatsorganen so auffallend gedeckt? Und das schon einen Tag nach dem Attentat? Sie beging den ersten, langfristig geplanten, politischen Mord der RAF. Bei früheren Aktionen sind viele Menschen ums Leben gekommen, weil die Stadtguerilla in "Selbstverteidigung" "zurückschoß" (nach eigenem Verständnis), mehr oder weniger zufällige Tote "in Kauf" nahm. Bei dieser Aktion aber - der ersten des "deutschen" Jahres 1977 - gab sie von sich aus, geplant und ganz bewußt den ersten Schuß ab. - War es Verena Becker, die die zweite Generation der RAF erst einmal in diesem Sinne - und neuerdings im Auftrag von "Diensten" - neu "auf Linie" bringen mußte - durch ihr - - - "Vorbild"? Die den anderen RAF-Mitgliedern erst noch den letzten Motivations-Kick geben mußte? *)

Auf allen Filmaufnahmen und bei allen Zeugen-Berichten - beim Buback-Mord, beim Banküberfall, bei der Festnahme in Singen - wird Verena Becker als eine der erbarmungslosesten, aggressivsten, wildesten gezeichnet. Und ausgerechnet ihr gegenüber ist man nun von Seiten der Dienste am kooperationsbereitesten gewesen? Wer könnte das noch als nicht auffällig empfinden?

War sie zu diesem Zweck von den "Diensten" - von Rechtsanwalt Siegfried Haag - in die RAF überhaupt erst hineingeschleust worden? Daß sie - - - "den ersten Stein wirft", den ersten Schuß abgibt? Und um so besser, wenn es eine Frau ist? Welcher - gewaltbereite - Mann will dann noch hinten an stehen? Alexander von Bülow beschreibt - etwa anhand des Oklahoma-Bombers - auch, wie geheimdienstlich gesteuerte Operationen auch noch einmal von einer zweiten geheimdienstlich gesteuerten Operation "übersteuert" werden können. Vielleicht war es das, was auch beim Buback-Mord geschah, zumal Udo Schulze (siehe nächste Beiträge) ja Hinweise darauf zu haben scheint, daß Verena Becker schon seit Januar 1977 von BND-Seite überwacht worden sein soll ...

Die "Dienste" hätten es insgesamt wohl am liebsten - sie "müssen" es ihrer Eigengesetzlichkeit nach am liebsten haben -, wenn gar niemand mehr irgendwelche Fragen stellt. Sie haben es am liebsten, wenn Schweigen herrscht im Staat. So wie in Rußland. Nach dem Tod von Anna Politkowskaja und Natalja Estemirowa.

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*) Die vielen - vielleicht nur (von Diensten?) vorgetäuschten (?) - "Kassiber" aus Stammheim an die zweite Generation wurden vielleicht nicht als ausreichend (von den Diensten) empfunden? Ebensowenig die - angebliche - "Drohung" der Stammheimer, sie hätten Waffen und würden Selbstmord begehen, wenn nichts zu ihrer Befreiung geschehen würde, wenn - "der General" nicht "weg" käme. -? Wer weiß, was hier alles noch aus dem Hintergrund heraus "inszeniert" wurde. Auch hier kann man Toten, die nicht mehr reden können, und die zum Teil schon die Absicht bekundet hatten, den bewaffneten Kampf nicht fortsetzen zu wollen, viel nachsagen.

Mittwoch, 16. September 2009

Der Mossad - und kein Ende?

In diesem Beitrag soll auf einige Eigenheiten des israelischen Geheimdienstes "Mossad" hingewiesen werden und es sollen diese erörtert werden.

Wenn man Bücher wie das von George Jonas "Schwarzer September" über den Mossad liest oder auch die Bücher von Victor Ostrovsky (siehe --> Bücher), dann kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß diese aus der "Public Relation-Abteilung" des Mossad stammen oder daß die PR-Abteilung dieses "Dienstes" doch sehr wohlgefällig auf diese Bücher schauen wird. Auch wenn sich nach außen hin und offiziell "natürlich" der "Mossad" von dem allem - meinetwegen auch hell empört - distanzieren muß. "Natürlich."

Aber es ist doch ein schon sehr besonderes Bild, das in solchen Büchern, die ja auch die Vorlage für gefeierte Verfilmungen abgeben, und die gewiß auch viel Schmalz und Nebensächliches ("Agenten-Romantik") - neben übelsten Skrupellosigkeiten - enthalten, über den Mossad gezeichnet wird.

"Ehrenvoll" - beim "Mossad" zu arbeiten

Es soll hier insbesondere auf einen Umstand hingewiesen werden: Es wird immer wieder betont, daß es für einen Israeli nichts Ehrenvolleres geben könne und würde - oder von Israelis ganz allgemein angesehen würde -, denn als Mitarbeiter des Mossad rekrutiert zu werden. Quasi "noch ehrenvoller" als nur bei der israelischen Armee Dienst zu tun.

Angesichts dieser Tatsache soll hier nun nur darauf hingewiesen werden, daß eine solche Haltung nicht nur anachronistisch wäre, falls man sie mit den Einstellungen gegenüber Armee und Geheimdiensten in anderen Ländern heute vergleichen würde. Sondern sie ist auch mehr oder weniger "einzigartig":

In welchem Land der Erde wird es eigentlich sonst als "ehrenvoll" angesehen - oder sogar nur PR-mäßig als "ehrenvoll" dargestellt -, wenn jemand bei einem Nachrichtendienst, Geheimdienst, "Verfassungsschutz", "Abschirmdienst" Dienst tut? Und wäre es nicht hochgradig merkwürdig, wenn es anders wäre?

Die PR-Abteilungen der Geheimdienste anderer Ländern würden es wohl noch nicht einmal versuchen, eine Beschäftigung in ihrer Organisation als "ehrenvoll" in der Öffentlichkeit darstellen zu wollen. Sie müssen sich damit begnügen, mit haufenweise "Thrillern", "Agentenromanen" und -verfilmungen die Öffentlichkeit an derartige Dinge zu ... "gewöhnen". Ehrenvoll wird es auch dadurch nicht ...*)

Beim Mossad kommt noch dazu, daß in allen "PR-"Büchern, die es da gibt, natürlich Mordaktivitäten die fast wichtigste Rolle spielen. Daß also vom Mossad bekannt ist, daß ein großer Teil seiner Agenten nicht nur dazu da ist, Informationen zu sammeln, sondern schlicht und einfach auch Leute umzubringen - oder dabei mitzuhelfen.

Und dennoch ein solches Ansehen zumindest in der israelischen Öffentlichkeit?

Nur anachronistisch oder "einzigartig"?

Ist das nicht noch etwas mehr als anachronstisch? Und sollte die israelische und außerisraelische Öffentlichkeit inzwischen nicht allzu viel Anlaß haben, sich mit solch einer anachronistischen Merkwürdigkeit, ja, "Einzigartigkeit" einmal genauer zu befassen? Darüber Entsetzen und Abscheu zu äußern? **)

Auch darüber, daß an den Beginn eines solchen Buches wie dem von George Jonas ein gegenüber nichtjüdischen Völkern außerordentlich grausames Zitat des Alten Testamentes gestellt wird. Werden kann. Soll damit etwa gesagt werden, daß die Tätigkeit des Mossad sich von der Moral des Alten Testamentes leiten läßt?

Vor einigen Jahren hat der in Deutschland lehrende Israeli Michael Wolffsohn die Moral des Alten Testamentes "Auge um Auge, Zahn um Zahn" mit dem Argument verteidigt, es wäre dies das Raisonement von "flexible response". Hallo? Er verteidigte auch Folter - bis er vom Bundesverteidigungsminister in die Schranken gerufen wurde. Werden mußte. Der öffentliche Druck war schließlich zu stark geworden. Allerdings wurde er nicht entlassen. Er unterrichtet noch heute Bundeswehr-Offiziere in München. Trotz weiterer Skandale, Bambule, die er zwischenzeitlich wieder vom Zaun gebrochen hat.

Moral des Alten Testamentes?

Fängt denn eine kritische Öffentlichkeit nicht irgendwann einmal an, sich mit solchen Dingen zu beschäftigen? Nachdem mit dem Buch von Wolfgang Baentsch über den Todesfall Barschel bekannt ist, daß vieles dafür spricht, daß dies ein Mord des Mossad war - und nichts dagegen? Barschel könnte heute, wenn er nicht ermordet worden wäre, Bundeskanzler sein - anstelle von Angela Merkel. Und vielleicht ein besserer, glaubwürdigerer?

Wer in der westlichen Welt deckt denn eigentlich die Aktivitäten des Mossad? Wer deckt das mangelnde Aufklären von staatlicher Seite? Und mit welchen Argumenten? Nach außen hin wird immer die ganz hervorragende Zusammenarbeit zwischen deutschem BND und Mossad herausgestellt. Hallo?

Ein Buch, das schon im Titel alles zum Ausdruck bringt - von Michael Opperskalski - "Mossad - Israels Auftragskiller und Geheimagenten", von 1998, nur 158 Seiten stark, ist heute vergriffen. Und das soll es dann gewesen sein an fundamentaler Kritik gegenüber einer doch offenbar so ganz und gar demokratiefeindlichen, fortschrittsfeindlichen Erscheinung wie der Abscheu erregenden Tätigkeit des israelischen Geheimdienstes Mossad? - Kein Ende?

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*) Allerdings, auch kennzeichnend, typisch: Der einzige bekannte Spielfilm über die Stasi - "Das Leben der Anderen" (2006) - handelt auch von einem "ehrenvollen" Stasi-Offizier, einem "symphatischen". ... Wessen PR-Abteilung hier wohl wieder tätig war? ... Die Stasi gibt es doch gar nicht mehr ...?
**) Noch nicht einmal von Müllers Gestapo-Leuten oder Himmlers SS-Aushorchern ist einem bekannt, daß jemals auch nur der Versuch gemacht worden wäre, ihre Tätigkeit in der Öffentlichkeit als "ehrenvoll" hinzustellen - weder vor noch nach 1945.

Samstag, 12. September 2009

Die RAF - "benutzt" und "manipuliert" von Mossad, BND und Stasi

Prof. Michael Buback verliert das Vertrauen in unseren Staat

Das Vertrauen, das die Familie Barschel und Wolfram Baentsch schon längst verloren haben in den Staat, dem Ministerpräsident Uwe Barschel einmal diente (St. gen.), das gegenwärtig auch Frau Haider und Stefan Petzner beginnen zu verlieren (St. gen.), dieses Vertrauen hat auch Prof. Michael Buback, Sohn des 1977 ermordeten früheren Generalbundesanwaltes Siegfried Buback inzwischen verloren. (Zeit):

Noch ist völlig ungewiss, ob es wirklich »eine schützende Hand« gab, wie Buback vermutet, irgendeine Instanz, die (die RAF-Terroristin Verena) Becker über all die Jahre gedeckt hat. Eine »schützende Hand«, die, wenn es sie gab, sehr weit oben angesiedelt gewesen sein muss, eine Person, vielleicht eine kleine Gruppe mit Macht und Verbindungen. Vielleicht sogar beim Generalbundesanwalt, »in der Behörde meines Vaters«. (...)

Im Schlusskapitel seines Buches 'Der zweite Tod meines Vaters', das dieser Tage als Taschenbuch erscheint, schreibt Buback: »Für (meine Frau) Elisabeth und mich ist es gleichsam zur Gewissheit geworden, dass die Täter auf dem Motorrad für ihr schweres Verbrechen nicht bestraft wurden und dass es eine schützende Hand zumindest über einer RAF-Terroristin gab.« Es ist ein Vorwurf, der – sollte er sich als wahr erweisen – nicht nur ein neues Licht auf die Geschichte der RAF werfen würde. Er würde den Rechtsstaat in seinem Innersten erschüttern. (...)

Wer könnte, mitten im Deutschen Herbst 1977, während des blutigen RAF-Terrors, ein Interesse daran gehabt haben, eine Terroristin zu schützen? (...) Wird sich aufklären lassen, ob Verena Becker womöglich als Informantin des Verfassungsschutzes geschützt wurde? Als Informantin gar, die der Kontrolle der Geheimdienste beim Buback-Mord auf furchtbare Weise entglitten sein könnte?

(siehe auch: Welt) Es wäre das nicht der erste Fall, in dem vermutet wird, daß ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz einen Mord begangen hat und von diesem Bundesamt seither mit hohen Geldzahlungen abgefunden und gedeckt wird. Ein anderer Mitarbeiter lebt bis heute in der Toskana in dem Haus, das er sich mit Zahlungen des Verfassungsschutzes kaufen konnte.

"Den Rechtsstaat in seinem Innersten erschüttern ..."

Aber nicht nur (west-)deutsche Staatsorgane scheinen dick in der Tinte des RAF-Terrorismus mit dringesteckt zu haben. Schon vor sieben Jahren, im Jahr 2002, äußerte sich der frühere RAF-Terrorist Peter-Jürgen Boock in einem "Spiegel TV"-Interview mit dem damaligen Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust zu der Frage der geheimdienstlichen Kenntnisse und Mitbeteiligungen bei dem "deutschen Herbst" von 1977. Ab der Minute 3:40' (Spiegel TV, Teil 2) erzählt Boock, die RAF habe Hintergrund-Informationen über den deutschen Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer über den Palästinenser Wadi Haddad von einem osteuropäischen Geheimdienst erhalten.

Von dem Palästinenser Wadi Haddad (= "Abu Hani") (1927 - 1978) (Wikip. dt., engl.) (Bild rechts), einem der Begründer "Volksfront zur Befreiung Palästinas" (PFLP) (Wikip.), wird vermutet, daß er mit der deutschen Stasi und/oder dem sowjetischen KGB zusammen gearbeitet hat, wenn nicht von ihnen sogar ausgebildet worden ist. Und es ist von dem ehemaligen Mossad-Agenten Aaron E. Klein (s. Bücher) behauptet worden, daß Haddad vom israelischen Mossad mit belgischen Pralinen vergiftet worden sei.

Und diese belgischen Pralinen erhielt er, man höre und staune - nach neuester Aussage von Peter-Jürgen Boock (siehe unten) - offenbar von der deutschen RAF-Terroristin Monika Haas, die mit seinem engen palästinensischen Mitarbeiter verheiratet war, und die sich 1976 kurzzeitig im Gewahrsam des Mossad befunden hatte. Sie wird seither von vielen Menschen als Mossad-Agentin angesehen. Ob von den ehemaligen RAF-Terroristen Verena Becker und Siegfried Haag - letztlich - ähnliches gesagt werden muß?

Die Stasi wußte von den RAF-Planungen 1977

Jedenfalls befanden sich auf den zuvor von Haddad übergebenen Materialien über Hanns Martin Schleyer Stempel in kyrillischer Schrift. Boock vermutet, daß das Material aus der Tschechoslowakei oder aus der DDR gekommen ist. Der Gesprächsverlauf im oben genannten Interview ist dann folgendermaßen:

Aust: Gehen Sie nach den späteren Erkenntnissen, was die Kommunikation, was die Beziehungen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR zu ausgestiegenen Mitgliedern aber auch zu aktiven Mitgliedern der RAF angeht, davon aus, daß man in Ostberlin darüber Bescheid wußte, was die RAF dort plante?

Boock: Ja. Wir sind eigentlich auch damals davon ausgegangen. Wir haben natürlich mitbekommen, daß vieles, was wir da gemacht haben, angefangen von unseren Reisen bis hin zu der Tatsache, daß man im Jemen in einem Camp eine militärische Ausbildung machen kann, kaum zu regeln ist ohne Geheimdienste. Und wir wußten natürlich, daß die meisten der Geheimdienste dieser Länder, in denen wir uns bewegten, ihre Ausbildung - und das konnte man zum Teil auch akzentmäßig hören - wahlweise in Ostberlin oder in Moskau genossen hatten.

Aust: Das heißt, Sie gehen davon aus, daß die Vorbereitung der Aktionen in jenem deutschen Herbst im Geheimdienst der DDR bekannt waren?

Boock: Also ich kann es mir kaum anders vorstellen.

Schon diese Erkenntnis ist bis heute nicht wirklich in das allgemeine politische Bewußtsein gedrungen. Dieses wird letztlich immer noch von den "Kulissen" des Jahres 1977 bestimmt. Aber doch macht sie klar, wie einige der wichtigen politischen Ereignisse des Jahres 1977 in Deutschland - zumindest die "Kulissen", die man der Öffentlichkeit damals davon wahrzunehmen gestattete - von Geheimdiensten zumindest wohlwollend geduldet worden sind, daß hier zumindest Mitwisserschaft an terroristischen Aktionen vorliegt, wenn nicht sogar Mitbeteiligung.

Was hat demgegenüber noch das ärmliche Verhalten eines Helmut Schmidt, eines Helmut Kohl zu besagen? Welche Spielräume bleiben eigentlich jenen Politikern noch, die vor den Kulissen agieren?

Wadi Haddad nur ein Werkzeug anderer?

In Bagdad weilten RAF-Leute 1977 mit ausdrücklicher Zustimmung, ja sogar mit persönlicher überschwenglicher Begrüßung durch den damaligen irakischen Chefs für Innere Sicherheit, ein Mann seines namens ... Saddam Hussein (Sp. TV, Teil 8, 0:20'). Und dort kam es dann zu weiteren Besprechungen mit dem Palästinenser Wadi Haddad, da die RAF während der Schleyer-Entführung nicht mehr wirklich weiter wußte.

Boock vermutet nun außerdem, daß die von Wadi Haddad nun geplante Flugzeugentführung von Mallorca, die in Mogadischu endete, von Anfang an - von den Hintermännern Haddads - auf ein Scheitern hin angelegt war, daß davon aber Wadi Haddad nichts wußte, weshalb er und seine Mitstreiter in Bagdad und vor Ort sehr verwirrt waren, als der Plan auf dem Flugplatz in Aden nicht wie vorgesehen hatte durchgeführt werden können.

RAF-Rädelsführer Siegfried Haag

In welchem Umfang die RAF mit Wissen, Duldung und auf "Anregung" von Geheimdiensten nun also tätig war, wird erst in Ansätzen erkennbar. Insbesondere aber auch durch neuerliche Aussagen von Peter-Jürgen Boock vor einigen Wochen, bzw. Monaten in "Secret TV" (siehe Secret TV).

Aus dem neuen "Secret TV"-Interview wird deutlich, daß die im Hintergrund wirkende, führende Figur der zweiten Generation der RAF bis zu seiner Festnahme am 30. November 1976 der Rechtsanwalt Siegfried Haag war (siehe Bild links). Der Terrorist Christian Klar hat in der öffentlichen Wahrnehmung ungefähr jene Rolle eingenommen, so Boock (42. Minute), die eigentlich Siegfried Haag hätte einnehmen müssen. Daß er sie nicht einnahm, führt Boock darauf zurück, daß Haag mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr eng mit dem BND zusammengearbeitet hat, ebenso wie Verena Becker. (s. Secret TV - die wichtigen Abschnitte zwischen der 39. bis 53. Minute.)

Vogt: Warum hat Verena Becker nur vergleichsweise kurz eingesessen?

Boock: Verena Becker hat vom BND eine Art Freibrief bekommen. Das heißt, bis heute fühlen die sich verpflichtet, sie zu decken, sie zu schützen. Sie haben ihr Wege aus der Haft geöffnet, die den normalen Gefangenen der RAF nicht zur Verfügung standen. Wie lange sie wirklich im Gefängnis gesessen hat, ist auch eine Frage, die noch im Raume steht. (...)

Und ähnlich scheint es mit dem Rechtsanwalt Siegfried Haag zu stehen:

Vogt: Ein ähnliches Bild stellt sich ja auch bei Haag dar. (...) Der strategische Kopf, der im Jemen das gesamte Jahr 1977 durchplant, der das auch minutiös festhält. In den 'Haag-Papieren' ist das alles umfänglich dokumentiert, was dort passiert: Auch da gibt es ja ein erstaunliches Mißverhältnis zwischen dem, was die Justiz mit ihm gemacht hat und dem, was ihm als echten, eigentlichen Rädelsführer hätte passieren müssen.

Boock: Ja. Er hätte eigentlich die Position von Christian Klar einnehmen müssen, um es mal ganz klar zu sagen. In der öffentlichen Wahrnehmung, in der Zuschreibung der Rolle. Das ist nicht passiert. Es ist erstaunlicherweise sogar so, daß er drei oder vier Jahre nach seiner offiziellen Haftentlassung seine Zulassung als Anwalt wiedererlangt hat. Er ist inzwischen Müsli-Händler in Heidelberg. (...)

Vogt: Eine Prognose darüber, ob es bei ihm auch 'Dienstverbindungen' gibt, kann man die, äh ...

Boock: ... Also, Entschuldigung, aber wenn man sich anguckt, was mit der überwiegenden Mehrzahl der RAF-Gefangenen passiert ist, sowohl in der Haft als auch danach, ja, da kommt man auf Ideen. Ich würde das nicht nur nicht ausschließen wollen, ich halte es sogar für ziemlich wahrscheinlich.

Vogt: (...) Wenn der eigentliche Drahtzieher, der eigentliche Kopf der Planungen der Anschläge und der Morde des Jahres 1977 zu einem wie auch immer gearteten Zeitpunkt sich als jemand herausstellt, wo man, wie Sie sagen, Verbindungen zu irgendwelchen Nachrichtendiensten, Geheimdiensten unterstellen, davon ausgehen muß, dann stellt sich natürlich die Frage: War das 1977 schon der Fall? Was wären da die Belege oder Ihre durchaus zulässige Vermutung?

RAF-Terroristin Monika Haas

Und nun antwortet Boock folgendermaßen:

Boock: Also ein paar Belege, die auch inzwischen in den Medien publiziert worden sind, dafür gibt es schon. Meine Einschätzung ist die, daß es (...) dem Mossad daran gelegen war, an die damals militanteste Gruppe der Palästinenser jemanden heranzuspielen. Der Name einer Frau in diesem Zusammenhang ist inzwischen auch bekannt geworden. Sie streitet es ab. Das wird sie wohl auch weiterhin tun. (Gemeint ist offensichtlich Monika Haas, s. u..) Tatsache ist, daß diese Frau mit uns, über uns als Mitglied der RAF in diese Ausbildung in den Jemen gegangen ist, daß sie kurze Zeit danach - ich glaube, das hat keine zwei Monate gedauert - mit dem zweitwichtigsten Mann in der PFLP liiert war. Die haben geheiratet, es gab dann sogar ein Kind.
Etwa ein Jahr darauf ist dann der führende Kopf der PFLP, jedenfalls wenn es um militante Aktionen ging, Waddi Haddad - bei uns Abu Hani - ums Leben gekommen aufgrund einer unheilbaren Leukämie-Erkrankung. Einem befreundeten Journalisten gegenüber hat der Mossad es im letzten Jahr nicht abgestritten, daß das eine ihrer Operationen war. Sie sind sogar soweit ins Detail gegangen, daß sie gesagt haben, es waren vergiftete belgische Pralinen, mit dem sie diesen Mordanschlag auf Wadi Haddad verübt haben.
Diese belgischen Pralinen haben wir mitgebracht. Sie sind von dieser Frau an die Palästinenser weitergegeben worden. Die Palästinenser haben uns jedes mal, wenn eine Reise von uns in den Nahen Osten anstand, eine ganz lange Liste mitgegeben von Dingen, die dort ganz schwer zu bekommen waren. Das fing an bei Prager Schinken - die PFLP besteht in erster Linie aus christlichen Palästinensern, die dürfen Schweinefleisch essen - über Schweizer Schokolade, belgische Pralinen, alles Mögliche, was sie gerne mitgebracht haben wollten, was wir auch jedes mal mitgebracht haben. Und offensichtlich - so die Auskunft - waren eben diese belgischen Pralinen, die letztlich dann - was jeder wissen konnte: Abu Hani hat die gekriegt und auch gegessen, die aß er für sein Leben gern - die sind bei ihm gelandet. Und so es denn so war und davon gehe ich aus, waren sie eben vergiftet und er ist zu Tode gekommen.
Und der Interviewer fragt:
Vogt: Die unterschiedlichen Mitglieder der RAF waren also ein Baustein, ein Mosaikstein eines ganz anderen Spieles. (...) Wenn man so etwas im Nachhinein erfährt - hat man das Gefühl, daß man mißbraucht wurde?

Boock: Manipuliert und benutzt. Ja. (...)

Vogt: (...) Wenn hinter der RAF oder ihrer Aktionen ein ausländischer Geheimdienst steht, der komplett andere Ziele hat. Und eines der Ziele aufgrund Ihrer guten Kontakte zu den Palästinenser ist, unliebsame Palästinenser zu ermorden, aus dem Weg zu räumen. (...) Das hat ja noch einmal eine ganz andere Qualität.

So muß man es allerdings sagen!

"Den Generalbundesanwalt umzubringen ..."

Boock: Das hat es. Ich glaube nicht, daß zum Beispiel der BND vom Mossad in das eigentliche Ziel ihrer Überlegungen wirklich eingeweiht worden ist. Insofern tun die sich heute auch deswegen sehr zäh damit, irgend etwas darüber herauszurücken. Weil sie im Grunde genommen auch benutzt worden sind. Ich gehe nicht davon aus, daß der Mossad ihnen gesagt: das und das ist unser Ziel, seht mal zu, wie Ihr uns dabei helfen könnt. Das widerspricht auch dem, was ich aus dieser Richtung weiß.

Vogt: (...) Wenn ein Rechtsanwalt Haag einen 'Diensthintergrund' hat - sind die Planungen von ihm dann mit dem Mossad abgestimmt gewesen oder hatte er bei gewissen Aktivitäten so quasi als Spielwiese freie Hand? Gab es da keine Querinformationen zwischen Mossad und BND? Den Generalbundesanwalt umzubringen und andere hochgestellte Persönlichkeiten wäre ja schon einmal - wenn das die Planung ist, von der man im Mossad Kenntnis hat - wäre ja einmal eine Querinformation an den BND wert gewesen, anstatt die einfach laufen zu lassen.

Boock: Dann wäre natürlich das Ziel ihrer Aktion gefährdet.

Das ist natürlich schon ein komisches Raisonement zwischen dem Interviewer und Boock: Um einen führenden Palästinenser von deutschen RAF-Terroristen mit vergifteten Pralinen ermorden lassen zu können, läßt man als "Kollateralschaden" gleich auch noch ein paar hochgestellte Persönlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland "mit ermorden", weil man sonst den Pralinenmord nicht durchführen könnte. - Hallo?! - Und mit solchen Erklärungen von Kausalzusammenhängen geben sich die beiden Gesprächspartner dann zufrieden. Das mutet schon etwas merkwürdig an.

Offenbar jedenfalls spricht Boock über Monika Haas (Wikip.) (siehe Bild links), die mit dem PFLP-Funktionär Zaki Helou verheiratet war und mit drei Kindern bis 1982 im Jemen gelebt hat. In einem umstrittenen Prozeß ist Monika Haas 1998 wegen Beteiligung an der Flugzeug-Entführung von Mallorca zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.

Monika Haas war 1976 - wie zwei weitere deutsche RAF-Terroristen - nach einer gescheiterten Aktion in Nairobi eine Zeit lang im Gewahrsam des Mossad gewesen, tauchte jedoch vier Wochen später wieder im Palästinenser-Lager im Jemen auf. Sie berichtete, der Mossad hätte ihr geglaubt, sie sei nur aus "sexuellen" Gründen mit einem Palästinenserführer liiert (!). (Spiegel 1992) - Boock sagt jedenfalls, wenn man es recht versteht: Monika Haas habe diese vergifteten Pralinen Waddi Haddad geschenkt.

Bei den Geheimdiensten war doch niemand naiv. Wenn sie wußten, was geplant war, was ablief, dann wußten sie auch, was sie auf sich nahmen, wenn sie die Öffentlichkeit davor nicht warnten.

Welche Ziele der Mossad, die Stasi, der BND in diesem Jahr 1977 wirklich verfolgt haben - und bis heute verfolgen - muß in größeren Zusammenhängen noch einmal erneut beurteilt werden. Es müssen andere Mordfälle - wie etwa der an Uwe Barschel - mit in Rechnung gestellt werden und deren Motivierungen. Daß man die Strafverfolgungsbehörden und die politischen Eliten eines Landes mit dem Mord an einem Generalbundesanwalt, an einem Arbeitgeberpräsidenten, an einem Vorstandsvorsitzenden der Dresdner Bank allerdings hervorragend einschüchtern kann, zumal wenn man dabei aufzuzeigen in der Lage ist, daß die wahren Hintergründe der Öffentlichkeit über Jahrzehnte verborgen bleiben, solche Zusammenhänge werden sicherlich auch dem "Mossad" nicht gänzlich unlieb gewesen sein. Und auch das sei nur gesagt, um etwas noch sehr Zurückhaltendes zu diesem Thema zu sagen.

- Und Helmut Kohl?

Ab Minute 0:50' - und noch mehr ab 1:30' bis 3:20' - machte Boock 2002 im Spiegel TV-Interview deutlich (Sp. TV, Teil 6), daß Hanns Martin Schleyer während seiner Geiselnahme durch die RAF insbesondere von Helmut Kohl deutlich mehr Initiative zur Rettung seines Lebens erwartet hatte. Dadurch bekommt man einen neuen Blick auf das Jahr 1977 und die "heroische" "Unerpreßbarkeit" der deutschen Bundesregierung. Der RAF gegenüber war sie nicht erpreßbar. Wem aber dann gegenüber? Schleyer jedenfalls wurde sehr wütend, wie Boock erzählt, als er erfuhr, daß Kohl nicht jene Initiatitve zeigte, die er einigermaßen selbstverständlich erwartet hatte. Schleyer hat sich von seinen politischen Freunden im Stich gelassen gefühlt.

Und auch dieser Umstand wirft Fragen auf: Helmut Kohl enttäuschte ja nicht nur im Fall Hanns Martin Schleyer (1977), sondern ebenso auch im Fall Uwe Barschel (1987) und im Fall Alfred Herrhausen (1989) - und er enttäuscht hier jeweils bis heute.


Jedenfalls: Auf eine große, einflußreiche Partei, die nicht sofort und unmittelbar auf die vollständige, restlose und rückhaltlose Aufklärung aller Hintergründe von Fällen eines unnatürlichen Todes ihrer bedeutenderen Repräsentanten und Freunde reagiert, auf eine solche Partei können sich Geheimdienste auch in Zukunft recht gut "verlassen". Sie ist erpreßbar und wird es mit jedem Tag mehr. Ob nicht auch das Wissen um solche Zusammenhänge Hannelore Kohl irgendwann krank gemacht hat? Allzu fern braucht das nicht zu liegen.

Die RAF wurde offenbar von Geheimdiensten "benutzt". Was für ein hochgradig skandalöser Umstand. - Wann hat das allseitige, gegenseitige Vertuschen solcher Dinge endlich ein Ende? Gäbe es heute noch Politiker wie Rudi Dutschke oder Petra Kelly - sie würden bezüglich solcher Dinge, so muß man annehmen, lautstark ihre Stimme erheben. (s. etwa Ellen Diederich, Arbeiterfotografie.de) Auch daß sie so früh starben, hat die Reformfreudigkeit unserer Gesellschaft nicht vergrößert.

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