Samstag, 12. September 2009

Die RAF - "benutzt" und "manipuliert" von Mossad, BND und Stasi

Prof. Michael Buback verliert das Vertrauen in unseren Staat

Das Vertrauen, das die Familie Barschel und Wolfram Baentsch schon längst verloren haben in den Staat, dem Ministerpräsident Uwe Barschel einmal diente (St. gen.), das gegenwärtig auch Frau Haider und Stefan Petzner beginnen zu verlieren (St. gen.), dieses Vertrauen hat auch Prof. Michael Buback, Sohn des 1977 ermordeten früheren Generalbundesanwaltes Siegfried Buback inzwischen verloren. (Zeit):

Noch ist völlig ungewiss, ob es wirklich »eine schützende Hand« gab, wie Buback vermutet, irgendeine Instanz, die (die RAF-Terroristin Verena) Becker über all die Jahre gedeckt hat. Eine »schützende Hand«, die, wenn es sie gab, sehr weit oben angesiedelt gewesen sein muss, eine Person, vielleicht eine kleine Gruppe mit Macht und Verbindungen. Vielleicht sogar beim Generalbundesanwalt, »in der Behörde meines Vaters«. (...)

Im Schlusskapitel seines Buches 'Der zweite Tod meines Vaters', das dieser Tage als Taschenbuch erscheint, schreibt Buback: »Für (meine Frau) Elisabeth und mich ist es gleichsam zur Gewissheit geworden, dass die Täter auf dem Motorrad für ihr schweres Verbrechen nicht bestraft wurden und dass es eine schützende Hand zumindest über einer RAF-Terroristin gab.« Es ist ein Vorwurf, der – sollte er sich als wahr erweisen – nicht nur ein neues Licht auf die Geschichte der RAF werfen würde. Er würde den Rechtsstaat in seinem Innersten erschüttern. (...)

Wer könnte, mitten im Deutschen Herbst 1977, während des blutigen RAF-Terrors, ein Interesse daran gehabt haben, eine Terroristin zu schützen? (...) Wird sich aufklären lassen, ob Verena Becker womöglich als Informantin des Verfassungsschutzes geschützt wurde? Als Informantin gar, die der Kontrolle der Geheimdienste beim Buback-Mord auf furchtbare Weise entglitten sein könnte?

(siehe auch: Welt) Es wäre das nicht der erste Fall, in dem vermutet wird, daß ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz einen Mord begangen hat und von diesem Bundesamt seither mit hohen Geldzahlungen abgefunden und gedeckt wird. Ein anderer Mitarbeiter lebt bis heute in der Toskana in dem Haus, das er sich mit Zahlungen des Verfassungsschutzes kaufen konnte.

"Den Rechtsstaat in seinem Innersten erschüttern ..."

Aber nicht nur (west-)deutsche Staatsorgane scheinen dick in der Tinte des RAF-Terrorismus mit dringesteckt zu haben. Schon vor sieben Jahren, im Jahr 2002, äußerte sich der frühere RAF-Terrorist Peter-Jürgen Boock in einem "Spiegel TV"-Interview mit dem damaligen Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust zu der Frage der geheimdienstlichen Kenntnisse und Mitbeteiligungen bei dem "deutschen Herbst" von 1977. Ab der Minute 3:40' (Spiegel TV, Teil 2) erzählt Boock, die RAF habe Hintergrund-Informationen über den deutschen Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer über den Palästinenser Wadi Haddad von einem osteuropäischen Geheimdienst erhalten.

Von dem Palästinenser Wadi Haddad (= "Abu Hani") (1927 - 1978) (Wikip. dt., engl.) (Bild rechts), einem der Begründer "Volksfront zur Befreiung Palästinas" (PFLP) (Wikip.), wird vermutet, daß er mit der deutschen Stasi und/oder dem sowjetischen KGB zusammen gearbeitet hat, wenn nicht von ihnen sogar ausgebildet worden ist. Und es ist von dem ehemaligen Mossad-Agenten Aaron E. Klein (s. Bücher) behauptet worden, daß Haddad vom israelischen Mossad mit belgischen Pralinen vergiftet worden sei.

Und diese belgischen Pralinen erhielt er, man höre und staune - nach neuester Aussage von Peter-Jürgen Boock (siehe unten) - offenbar von der deutschen RAF-Terroristin Monika Haas, die mit seinem engen palästinensischen Mitarbeiter verheiratet war, und die sich 1976 kurzzeitig im Gewahrsam des Mossad befunden hatte. Sie wird seither von vielen Menschen als Mossad-Agentin angesehen. Ob von den ehemaligen RAF-Terroristen Verena Becker und Siegfried Haag - letztlich - ähnliches gesagt werden muß?

Die Stasi wußte von den RAF-Planungen 1977

Jedenfalls befanden sich auf den zuvor von Haddad übergebenen Materialien über Hanns Martin Schleyer Stempel in kyrillischer Schrift. Boock vermutet, daß das Material aus der Tschechoslowakei oder aus der DDR gekommen ist. Der Gesprächsverlauf im oben genannten Interview ist dann folgendermaßen:

Aust: Gehen Sie nach den späteren Erkenntnissen, was die Kommunikation, was die Beziehungen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR zu ausgestiegenen Mitgliedern aber auch zu aktiven Mitgliedern der RAF angeht, davon aus, daß man in Ostberlin darüber Bescheid wußte, was die RAF dort plante?

Boock: Ja. Wir sind eigentlich auch damals davon ausgegangen. Wir haben natürlich mitbekommen, daß vieles, was wir da gemacht haben, angefangen von unseren Reisen bis hin zu der Tatsache, daß man im Jemen in einem Camp eine militärische Ausbildung machen kann, kaum zu regeln ist ohne Geheimdienste. Und wir wußten natürlich, daß die meisten der Geheimdienste dieser Länder, in denen wir uns bewegten, ihre Ausbildung - und das konnte man zum Teil auch akzentmäßig hören - wahlweise in Ostberlin oder in Moskau genossen hatten.

Aust: Das heißt, Sie gehen davon aus, daß die Vorbereitung der Aktionen in jenem deutschen Herbst im Geheimdienst der DDR bekannt waren?

Boock: Also ich kann es mir kaum anders vorstellen.

Schon diese Erkenntnis ist bis heute nicht wirklich in das allgemeine politische Bewußtsein gedrungen. Dieses wird letztlich immer noch von den "Kulissen" des Jahres 1977 bestimmt. Aber doch macht sie klar, wie einige der wichtigen politischen Ereignisse des Jahres 1977 in Deutschland - zumindest die "Kulissen", die man der Öffentlichkeit damals davon wahrzunehmen gestattete - von Geheimdiensten zumindest wohlwollend geduldet worden sind, daß hier zumindest Mitwisserschaft an terroristischen Aktionen vorliegt, wenn nicht sogar Mitbeteiligung.

Was hat demgegenüber noch das ärmliche Verhalten eines Helmut Schmidt, eines Helmut Kohl zu besagen? Welche Spielräume bleiben eigentlich jenen Politikern noch, die vor den Kulissen agieren?

Wadi Haddad nur ein Werkzeug anderer?

In Bagdad weilten RAF-Leute 1977 mit ausdrücklicher Zustimmung, ja sogar mit persönlicher überschwenglicher Begrüßung durch den damaligen irakischen Chefs für Innere Sicherheit, ein Mann seines namens ... Saddam Hussein (Sp. TV, Teil 8, 0:20'). Und dort kam es dann zu weiteren Besprechungen mit dem Palästinenser Wadi Haddad, da die RAF während der Schleyer-Entführung nicht mehr wirklich weiter wußte.

Boock vermutet nun außerdem, daß die von Wadi Haddad nun geplante Flugzeugentführung von Mallorca, die in Mogadischu endete, von Anfang an - von den Hintermännern Haddads - auf ein Scheitern hin angelegt war, daß davon aber Wadi Haddad nichts wußte, weshalb er und seine Mitstreiter in Bagdad und vor Ort sehr verwirrt waren, als der Plan auf dem Flugplatz in Aden nicht wie vorgesehen hatte durchgeführt werden können.

RAF-Rädelsführer Siegfried Haag

In welchem Umfang die RAF mit Wissen, Duldung und auf "Anregung" von Geheimdiensten nun also tätig war, wird erst in Ansätzen erkennbar. Insbesondere aber auch durch neuerliche Aussagen von Peter-Jürgen Boock vor einigen Wochen, bzw. Monaten in "Secret TV" (siehe Secret TV).

Aus dem neuen "Secret TV"-Interview wird deutlich, daß die im Hintergrund wirkende, führende Figur der zweiten Generation der RAF bis zu seiner Festnahme am 30. November 1976 der Rechtsanwalt Siegfried Haag war (siehe Bild links). Der Terrorist Christian Klar hat in der öffentlichen Wahrnehmung ungefähr jene Rolle eingenommen, so Boock (42. Minute), die eigentlich Siegfried Haag hätte einnehmen müssen. Daß er sie nicht einnahm, führt Boock darauf zurück, daß Haag mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr eng mit dem BND zusammengearbeitet hat, ebenso wie Verena Becker. (s. Secret TV - die wichtigen Abschnitte zwischen der 39. bis 53. Minute.)

Vogt: Warum hat Verena Becker nur vergleichsweise kurz eingesessen?

Boock: Verena Becker hat vom BND eine Art Freibrief bekommen. Das heißt, bis heute fühlen die sich verpflichtet, sie zu decken, sie zu schützen. Sie haben ihr Wege aus der Haft geöffnet, die den normalen Gefangenen der RAF nicht zur Verfügung standen. Wie lange sie wirklich im Gefängnis gesessen hat, ist auch eine Frage, die noch im Raume steht. (...)

Und ähnlich scheint es mit dem Rechtsanwalt Siegfried Haag zu stehen:

Vogt: Ein ähnliches Bild stellt sich ja auch bei Haag dar. (...) Der strategische Kopf, der im Jemen das gesamte Jahr 1977 durchplant, der das auch minutiös festhält. In den 'Haag-Papieren' ist das alles umfänglich dokumentiert, was dort passiert: Auch da gibt es ja ein erstaunliches Mißverhältnis zwischen dem, was die Justiz mit ihm gemacht hat und dem, was ihm als echten, eigentlichen Rädelsführer hätte passieren müssen.

Boock: Ja. Er hätte eigentlich die Position von Christian Klar einnehmen müssen, um es mal ganz klar zu sagen. In der öffentlichen Wahrnehmung, in der Zuschreibung der Rolle. Das ist nicht passiert. Es ist erstaunlicherweise sogar so, daß er drei oder vier Jahre nach seiner offiziellen Haftentlassung seine Zulassung als Anwalt wiedererlangt hat. Er ist inzwischen Müsli-Händler in Heidelberg. (...)

Vogt: Eine Prognose darüber, ob es bei ihm auch 'Dienstverbindungen' gibt, kann man die, äh ...

Boock: ... Also, Entschuldigung, aber wenn man sich anguckt, was mit der überwiegenden Mehrzahl der RAF-Gefangenen passiert ist, sowohl in der Haft als auch danach, ja, da kommt man auf Ideen. Ich würde das nicht nur nicht ausschließen wollen, ich halte es sogar für ziemlich wahrscheinlich.

Vogt: (...) Wenn der eigentliche Drahtzieher, der eigentliche Kopf der Planungen der Anschläge und der Morde des Jahres 1977 zu einem wie auch immer gearteten Zeitpunkt sich als jemand herausstellt, wo man, wie Sie sagen, Verbindungen zu irgendwelchen Nachrichtendiensten, Geheimdiensten unterstellen, davon ausgehen muß, dann stellt sich natürlich die Frage: War das 1977 schon der Fall? Was wären da die Belege oder Ihre durchaus zulässige Vermutung?

RAF-Terroristin Monika Haas

Und nun antwortet Boock folgendermaßen:

Boock: Also ein paar Belege, die auch inzwischen in den Medien publiziert worden sind, dafür gibt es schon. Meine Einschätzung ist die, daß es (...) dem Mossad daran gelegen war, an die damals militanteste Gruppe der Palästinenser jemanden heranzuspielen. Der Name einer Frau in diesem Zusammenhang ist inzwischen auch bekannt geworden. Sie streitet es ab. Das wird sie wohl auch weiterhin tun. (Gemeint ist offensichtlich Monika Haas, s. u..) Tatsache ist, daß diese Frau mit uns, über uns als Mitglied der RAF in diese Ausbildung in den Jemen gegangen ist, daß sie kurze Zeit danach - ich glaube, das hat keine zwei Monate gedauert - mit dem zweitwichtigsten Mann in der PFLP liiert war. Die haben geheiratet, es gab dann sogar ein Kind.
Etwa ein Jahr darauf ist dann der führende Kopf der PFLP, jedenfalls wenn es um militante Aktionen ging, Waddi Haddad - bei uns Abu Hani - ums Leben gekommen aufgrund einer unheilbaren Leukämie-Erkrankung. Einem befreundeten Journalisten gegenüber hat der Mossad es im letzten Jahr nicht abgestritten, daß das eine ihrer Operationen war. Sie sind sogar soweit ins Detail gegangen, daß sie gesagt haben, es waren vergiftete belgische Pralinen, mit dem sie diesen Mordanschlag auf Wadi Haddad verübt haben.
Diese belgischen Pralinen haben wir mitgebracht. Sie sind von dieser Frau an die Palästinenser weitergegeben worden. Die Palästinenser haben uns jedes mal, wenn eine Reise von uns in den Nahen Osten anstand, eine ganz lange Liste mitgegeben von Dingen, die dort ganz schwer zu bekommen waren. Das fing an bei Prager Schinken - die PFLP besteht in erster Linie aus christlichen Palästinensern, die dürfen Schweinefleisch essen - über Schweizer Schokolade, belgische Pralinen, alles Mögliche, was sie gerne mitgebracht haben wollten, was wir auch jedes mal mitgebracht haben. Und offensichtlich - so die Auskunft - waren eben diese belgischen Pralinen, die letztlich dann - was jeder wissen konnte: Abu Hani hat die gekriegt und auch gegessen, die aß er für sein Leben gern - die sind bei ihm gelandet. Und so es denn so war und davon gehe ich aus, waren sie eben vergiftet und er ist zu Tode gekommen.
Und der Interviewer fragt:
Vogt: Die unterschiedlichen Mitglieder der RAF waren also ein Baustein, ein Mosaikstein eines ganz anderen Spieles. (...) Wenn man so etwas im Nachhinein erfährt - hat man das Gefühl, daß man mißbraucht wurde?

Boock: Manipuliert und benutzt. Ja. (...)

Vogt: (...) Wenn hinter der RAF oder ihrer Aktionen ein ausländischer Geheimdienst steht, der komplett andere Ziele hat. Und eines der Ziele aufgrund Ihrer guten Kontakte zu den Palästinenser ist, unliebsame Palästinenser zu ermorden, aus dem Weg zu räumen. (...) Das hat ja noch einmal eine ganz andere Qualität.

So muß man es allerdings sagen!

"Den Generalbundesanwalt umzubringen ..."

Boock: Das hat es. Ich glaube nicht, daß zum Beispiel der BND vom Mossad in das eigentliche Ziel ihrer Überlegungen wirklich eingeweiht worden ist. Insofern tun die sich heute auch deswegen sehr zäh damit, irgend etwas darüber herauszurücken. Weil sie im Grunde genommen auch benutzt worden sind. Ich gehe nicht davon aus, daß der Mossad ihnen gesagt: das und das ist unser Ziel, seht mal zu, wie Ihr uns dabei helfen könnt. Das widerspricht auch dem, was ich aus dieser Richtung weiß.

Vogt: (...) Wenn ein Rechtsanwalt Haag einen 'Diensthintergrund' hat - sind die Planungen von ihm dann mit dem Mossad abgestimmt gewesen oder hatte er bei gewissen Aktivitäten so quasi als Spielwiese freie Hand? Gab es da keine Querinformationen zwischen Mossad und BND? Den Generalbundesanwalt umzubringen und andere hochgestellte Persönlichkeiten wäre ja schon einmal - wenn das die Planung ist, von der man im Mossad Kenntnis hat - wäre ja einmal eine Querinformation an den BND wert gewesen, anstatt die einfach laufen zu lassen.

Boock: Dann wäre natürlich das Ziel ihrer Aktion gefährdet.

Das ist natürlich schon ein komisches Raisonement zwischen dem Interviewer und Boock: Um einen führenden Palästinenser von deutschen RAF-Terroristen mit vergifteten Pralinen ermorden lassen zu können, läßt man als "Kollateralschaden" gleich auch noch ein paar hochgestellte Persönlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland "mit ermorden", weil man sonst den Pralinenmord nicht durchführen könnte. - Hallo?! - Und mit solchen Erklärungen von Kausalzusammenhängen geben sich die beiden Gesprächspartner dann zufrieden. Das mutet schon etwas merkwürdig an.

Offenbar jedenfalls spricht Boock über Monika Haas (Wikip.) (siehe Bild links), die mit dem PFLP-Funktionär Zaki Helou verheiratet war und mit drei Kindern bis 1982 im Jemen gelebt hat. In einem umstrittenen Prozeß ist Monika Haas 1998 wegen Beteiligung an der Flugzeug-Entführung von Mallorca zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.

Monika Haas war 1976 - wie zwei weitere deutsche RAF-Terroristen - nach einer gescheiterten Aktion in Nairobi eine Zeit lang im Gewahrsam des Mossad gewesen, tauchte jedoch vier Wochen später wieder im Palästinenser-Lager im Jemen auf. Sie berichtete, der Mossad hätte ihr geglaubt, sie sei nur aus "sexuellen" Gründen mit einem Palästinenserführer liiert (!). (Spiegel 1992) - Boock sagt jedenfalls, wenn man es recht versteht: Monika Haas habe diese vergifteten Pralinen Waddi Haddad geschenkt.

Bei den Geheimdiensten war doch niemand naiv. Wenn sie wußten, was geplant war, was ablief, dann wußten sie auch, was sie auf sich nahmen, wenn sie die Öffentlichkeit davor nicht warnten.

Welche Ziele der Mossad, die Stasi, der BND in diesem Jahr 1977 wirklich verfolgt haben - und bis heute verfolgen - muß in größeren Zusammenhängen noch einmal erneut beurteilt werden. Es müssen andere Mordfälle - wie etwa der an Uwe Barschel - mit in Rechnung gestellt werden und deren Motivierungen. Daß man die Strafverfolgungsbehörden und die politischen Eliten eines Landes mit dem Mord an einem Generalbundesanwalt, an einem Arbeitgeberpräsidenten, an einem Vorstandsvorsitzenden der Dresdner Bank allerdings hervorragend einschüchtern kann, zumal wenn man dabei aufzuzeigen in der Lage ist, daß die wahren Hintergründe der Öffentlichkeit über Jahrzehnte verborgen bleiben, solche Zusammenhänge werden sicherlich auch dem "Mossad" nicht gänzlich unlieb gewesen sein. Und auch das sei nur gesagt, um etwas noch sehr Zurückhaltendes zu diesem Thema zu sagen.

- Und Helmut Kohl?

Ab Minute 0:50' - und noch mehr ab 1:30' bis 3:20' - machte Boock 2002 im Spiegel TV-Interview deutlich (Sp. TV, Teil 6), daß Hanns Martin Schleyer während seiner Geiselnahme durch die RAF insbesondere von Helmut Kohl deutlich mehr Initiative zur Rettung seines Lebens erwartet hatte. Dadurch bekommt man einen neuen Blick auf das Jahr 1977 und die "heroische" "Unerpreßbarkeit" der deutschen Bundesregierung. Der RAF gegenüber war sie nicht erpreßbar. Wem aber dann gegenüber? Schleyer jedenfalls wurde sehr wütend, wie Boock erzählt, als er erfuhr, daß Kohl nicht jene Initiatitve zeigte, die er einigermaßen selbstverständlich erwartet hatte. Schleyer hat sich von seinen politischen Freunden im Stich gelassen gefühlt.

Und auch dieser Umstand wirft Fragen auf: Helmut Kohl enttäuschte ja nicht nur im Fall Hanns Martin Schleyer (1977), sondern ebenso auch im Fall Uwe Barschel (1987) und im Fall Alfred Herrhausen (1989) - und er enttäuscht hier jeweils bis heute.


Jedenfalls: Auf eine große, einflußreiche Partei, die nicht sofort und unmittelbar auf die vollständige, restlose und rückhaltlose Aufklärung aller Hintergründe von Fällen eines unnatürlichen Todes ihrer bedeutenderen Repräsentanten und Freunde reagiert, auf eine solche Partei können sich Geheimdienste auch in Zukunft recht gut "verlassen". Sie ist erpreßbar und wird es mit jedem Tag mehr. Ob nicht auch das Wissen um solche Zusammenhänge Hannelore Kohl irgendwann krank gemacht hat? Allzu fern braucht das nicht zu liegen.

Die RAF wurde offenbar von Geheimdiensten "benutzt". Was für ein hochgradig skandalöser Umstand. - Wann hat das allseitige, gegenseitige Vertuschen solcher Dinge endlich ein Ende? Gäbe es heute noch Politiker wie Rudi Dutschke oder Petra Kelly - sie würden bezüglich solcher Dinge, so muß man annehmen, lautstark ihre Stimme erheben. (s. etwa Ellen Diederich, Arbeiterfotografie.de) Auch daß sie so früh starben, hat die Reformfreudigkeit unserer Gesellschaft nicht vergrößert.

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